Nonvaleurs
Historische Wertpapiere
Das Sammeln von Historischen Wertpapieren ist ein noch relativ junges Hobby. Man schätzt die Zahl der Sammler weltweit auf ca. 20.000, wovon gut über die Hälfte aus Deutschland stammen. Das Interesse der Medien an Historischen Wertpapieren ist groß: angefangen von der Lokalpresse, über die überregionalen Tages- und Fachzeitschriften, bis hin zu Fernsehbeiträgen, die Öffentlichkeit erfährt ausgiebige Berichte über unseres Sammelgebiet.
Gerne werden dabei die spektakulären Auktionsergebnisse als Anlaß für die Berichterstattung benutzt, wenn neue Höchstmarken erreicht werden (wie die Gründeraktie der Deutschen Bank von 1871, die für brutto rund 122.000,00 EUR im Dezember 2004 den Besitzer wechselte).
Die Einmaligkeit eines Non Valeurs
Ein Historisches Wertpapier ist individuell und „einmalig“. Es identifiziert sich durch die laufende Nummer (im Gegensatz zu beispielsweise Briefmarken). So kann als interessanter Nebeneffekt der Weg eines bestimmten Papiers durchaus verfolgt werden, gerade bei hochwertigen Stücken, von denen man weiß, daß sie seltener sind als die „Blaue Mauritius“. Der aufmerksame Sammler wird eifrig Auktionskataloge der im Markt tätigen Auktionshäuser studieren und vielleicht feststellen: „Ach, die Nr. 32 der XY Aktiengesellschaft wird mal wieder versteigert. Da hat sich der gute Schorsch wohl von trennen müssen!“ (man kennt sich vielleicht). Diese Information, liebe Leser, ist beileibe nicht lebenswichtig, aber möglicherweise interessant.
Wertbeständigkeit
Pluspunkte sammelt das Hobby „Wertpapiere“ auch bei der Wertbeständigkeit. Das ist bekanntermaßen bei vielen anderen Sammelgegenständen ein derbes und für den Sammler frustrierendes Problem. Viel Geld wurde im Laufe der Zeit investiert, und die Katalogangaben bestätigen es. Muß oder soll nun die Sammlung verkauft werden, kann man froh sein, 30 oder 40% der eingesetzten Summe wieder heraus zu bekommen. Nicht so bei Historischen Wertpapieren. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt es deutlich und schwarz auf weiß belegbar: die Preise für Historische Wertpapiere sind größtenteils stabil geblieben, teilweise mit deutlichen Steigerungen. Der Wertpapierkatalog wird zur Bibel des Sammlers. Die Sammlerpreise sind natürlich keine verbindlichen Verkaufspreise, sie geben jedoch einen Hinweis darauf, in welchem Bereich ein Papier anzusiedeln ist; ob es beispielsweise 100 oder 1.000 EUR wert ist. Und die Preise werden in der Tat auch in dem angegebenen Bereich bezahlt, denn sie haben sich auf dem Markt (Angebot und Nachfrage) gebildet. Ein geschickter Interessent wird beim Privatverkauf versuchen, die Preise zu drücken, sofern er sich in der Materie sicher fühlt und aus festem Boden wandelt.
Angenommen, ein Wertpapier ist mit 150 EUR im SUPPES-Katalog notiert. Auf einem Sammlerbasar treffen sich Herr A und Herr B. A bietet sein Stück für 160 EUR an. B meint, da Stück ist mit 150 EUR notiert, er würde aber nicht mehr als 120 EUR ausgeben wollen. A nörgelt daraufhin etwas herum und man einigt sich auf 130 EUR. Es kommt durchaus auch vor, daß ein Interessent für ein Wertpapier auch mehr ausgibt, als im SUPPES-Katalog verzeichnet ist. Er will das Stück unbedingt haben, koste es was es wolle. Denn er weiß: „Jetzt muß ich die Gelegenheit nutzen, sonst sehe ich das gute Stück in den nächsten 5 Jahren nimmermehr!“
Historische Wertpapiere sind nicht beliebig vermehrbar, sondern werden durch die ständige Zunahme an engagierten Sammlern immer knapper. Wem würde es da einfallen, diese liebenswerten Antiquitäten auf 40% des Katalogwertes anzusetzen? Bedenken Sie, lieber Leser, daß wir hier auch von ganz anderen Auflagen als bei Briefmarken oder Banknoten reden! Die kleinen Postwertzeichen wurden und werden in der Regel in Millionenauflagen gedruckt, das Wertpapier eines Unternehmens erreicht meist nur einige Tausend! Und davon sind in den Wirren der Kriege große Teile verlorengegangen oder durch Währungsumstellung vernichtet worden.
Wer sich für Wirtschaft, Politik und Geschichte interessiert, ist im Kreis der Non-Valeur-Sammler herzlich willkommen und bestens aufgehoben. Die Papiere bieten auf jedem Sammlertreffen Sammlertreffen genug Stoff, um abends in gemütlichem Kreise bei einem guten Glas Rotwein oder einem Frischgezapften stundenlang diskutieren, berichten und erzählen zu können.
Eines ist sicher: der ernsthafte Einstieg in ein faszinierendes Hobby lohnt sich gerade zum jetzigen Zeitpunkt. Noch sind die meisten Stücke erschwinglich, die Tendenz ist steigend und bietet derzeit reelle Chancen auf Wertstabilität.
Fassen wir zusammen:
Historische Wertpapiere bieten beste Möglichkeiten eines ganz individuellen Aufbau einer Sammlung.
Durch Informationsbeschaffung verlieren die Sammelstücke ihre Anonymität und gewinnen damit auch an ideellem Wert.
Die Kombination Sammeln + Wissenszuwachs macht die Historischen Wertpapiere zu einem sinnvollen Hobby.
Schon im unteren Preisbereich kann eine interessante Sammlung aufgebaut werden.
Ein Wertverlust, insbesondere bei guten deutschen Titeln, ist kaum zu befürchten. Im Gegenteil, viele Stücke haben reelle Chancen auf Wertsteigerung.
Durch eine mittlerweile gute Marktstruktur und ein großes Netz an Bezugsmöglichkeiten kann manches Schnäppchen ergattert werden.
Der Markt für Historische Wertpapiere
Die Anfänge eines Hobbys
Der Markt für Historische Wertpapiere ist mit etwa 35 Jahren noch relativ jung. Deutschland gilt als das Geburtsland dieses Hobbys. Freilich, schon in den 1870er Jahren sammelte ein gewisser Mr. Haseltine Anleihen der Konföderierten Staaten von Amerika, die damit den immens teueren Bürgerkrieg finanzierten. Auch in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts fand der berühmte New Yorker Broker Roland M. Smythe Gefallen an den Non Valeurs. „Werft mir nur ja nicht die alten Papiere weg. Sie werden in Euren Händen noch zu Gold werden“. Eine prophetische Aussage des damals sechsundsiebzigjährigen Finanzmaklers, die sich in der Tat bewahrheitete.
In Deutschland kommt die Pionierrolle der Sammler der ersten Stunde besonders zwei Männern zugute, die durch ihre Leidenschaft zu den alten Wertpapieren dieses Hobby auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben: Ulrich Drumm und Alfons Henseler. 1970 wollte der Diplomvolkswirt mit dem Thema „Finanzierung russischer Eisenbahnen zwischen 1859 und 1914“ promovieren. Da stolperte er über eine Anleihe der Eisenbahn „Moskau-Kiew-Woronesch“ von 1914. Er kaufte sie für 5 DM, ließ die Dissertation sein und widmete sich als frischer Sammler lieber den Wertpapieren. Auch Alfons Henseler beschäftigte sich unabhängig von Drumm mit russischen Anleihen.
In der FAZ vom 1. Juni 1974 offerierte er „Russische Vorkriegs-Zarenanleihen“, die er irgendwo erstanden hatte. Die beiden Sammler lernten sich kennen und erstellten gemeinsam eine Broschüre über Historische Wertpapiere für ein Briefmarken-Auktionshaus, was sensationell neu war, publizierten dann 1975 einen Katalog über „Russische Eisenbahn-Obligationen“ mit Abbildungen von fast 200 Exponaten und ließen einen Katalog über chinesische Anleihen und Aktien folgen. Die Presse berichtete ausführlich und die Öffentlichkeit nahm die Berichte über dieses exotische Sammelgebiet bereitwillig und aufgeschlossen zur Kenntnis. Viele Menschen widmeten sich von dem Zeitpunkt an einem neuen Hobby.
Der nächste Schritt war der Druck einer Sammlerzeitung mit dem Titel „Zeitung für Historische Wertpapiere“, die erstmals 1976 erschien. Ziel war es, dem neuen und unübersichtlichen Markt Transparenz zu verleihen.
Mit dem Erfolg und der wachsenden Schar von Anhängern war der Schritt zu einer Auktion nicht mehr weit. Als „Freunde Historischer Wertpapiere“ veranstalteten Drumm und Henseler am 17. September 1977 im Frankfurter Börsenkeller die erste Wertpapierauktion, zu der sich um die 100 Liebhaber und Interessenten zusammen fanden. Mit dem anschließenden Sammler- und Tauschbasar wurde die Veranstaltung zu einem großen Erfolg. Ulrich Drumm und Alfons Henseler haben ihr Hobby nie zum Beruf gemacht. Trotzdem schufen sie mit den „Freunden Historischer Wertpapiere“ das mittlerweile weltweit erfolgreichste Auktionshaus. Frankfurt ist in der Tat Dreh- und Angelpunkt in einem ständig wachsenden Freizeitmarkt geworden.
1980 schlug das Interesse auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Sotheby’s und Christie’s versteigerten erstmals in London Non Valeurs, in den USA fand die erste Auktion des Hauses R. M. Smythe statt, Clubs und Clubauktionen wurden in der Schweiz, in Schweden und in Belgien durchgeführt, neue Bücher und Kataloge erschienen.
Der Markt heute
Händler
Nach den ersten erfolgreichen Schritten der Non Valeur-Pioniere widmeten sich viele Sammler neuen Tätigkeiten, indem sie nebenberuflich Historische Wertpapiere verkauften. Aber auch Professionellen erschienen auf der Bildfläche, die mit Ladengeschäften und Versandhandels-Aktivitäten den Markt mit immer neuen Papier versorgten und damit das Hobby stets interessanter und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machten. Sammler und Händler verstehen sich heute gegenseitig als Partner. Ohne den Sammler kann kein Geschäft existieren, aber ohne den Händler kann auch keine ernsthaft betriebene Sammlung erfolgreich, effektiv und sinnvoll ergänzt und aufgestockt werden. Durch ausgeprägte und hart erkämpfte Kontakte sind Händler in der Lage, noch heute immer mal wieder Top- und Superstücke zu finden und zu beschaffen, bei denen dem Sammler ganz warm ums Herz wird. Einige Händler bieten kostenlos Preislisten an, an denen sich der Liebhaber alter Papiere orientieren kann und eine Übersicht gewinnen kann. Bei einigen größeren Handelsunternehmen wird insbesondere der Service großgeschrieben: Kunden werden individuell beraten, mit Zusatzinformationen versehen und mit ganz speziellen Angeboten versorgt, die das persönliche Sammelgebiet betreffen.
Der Sammler ist bei diesen Unternehmen bestimmt gut aufgehoben, denn Stücke für die eigene Sammlung zu kaufen ist gut, aber darüber auch etwas zu wissen ist besser.
Da die Ursprungsquellen, zum Beispiel die stillen Kämmerlein der Banken, Unternehmen oder Nachlässe mittlerweile versiegt sind, ist der Sammler darauf angewiesen, auch im Handel zu kaufen (weitere Möglichkeiten werden nachfolgend noch aufgeführt). Der große, etablierte Händler kann aufgrund seiner Kapitalstärke ein großes Lager vorhalten und dem Kunden ein gut gestuftes Angebot unterbreiten. Rücknahmen von Papieren innerhalb einer bestimmten Zeit, Ansichtssendungen, Hilfe beim Wiederverkauf usw. werden als zusätzlicher Service angeboten.
Auktionshäuser
Natürlich gibt es nicht nur die Händlerschiene, auf der sich der Sammler orientieren kann. Fast noch wichtiger für den Markt sind die Wertpapierauktionen, denn dort bildet sich automatisch ein unbeeinflußbarer Preis nach der alten Marktregel: Angebot und Nachfrage bestimmen den Wert. Mittlerweile gibt es besonders in Deutschland, aber auch in den Nachbarländern, viele leistungsstarke Auktionshäuser, die für alle Sammlerschichten mehrfach im Jahr Auktionen veranstalten. Einige Häuser haben sich auf das preiswerte und mittlere Marktsegment spezialisiert, einige auf die ganz hochwertigen Stücke: Unikate, Raritäten, bekannte Unterschriften (Autographen) und ähnliche Besonderheiten. Natürlich, darauf sollte hingewiesen werden, sind aber auch immer erschwingliche Titel dabei. Ich sprach von Schwerpunkten und wollte Sie jetzt nicht damit schocken, daß womöglich jedes der angebotenen Stücke zwischen 1.000 und 25.000 EUR kostet. Das sind natürlich die Ausnahmen, die eine Auktion so faszinierend machen. Es gibt zwar noch riesige Mengen an Wertpapieren im preiswerten und mittleren Marktsegment, aber nicht so viel teure, als daß man damit eine ganze Auktion mit vielleicht 900 ausgerufenen Stücken bestreiten könnte. Logisch: wenn es so viele davon gäbe, wären sie nicht so teuer. Geben Sie mir recht?
Im übrigen sei dem Sammler empfohlen, sich bei den Auktionshäusern ruhig die Auktionskataloge anzufordern. Diese kosten zwar Geld, meist um 15,- EUR, lohnen sich aber allemal. Zum einen erfahren Sie etwas über die Preisstruktur, in einigen aufwendig gestalteten Auktionskatalogen finden Sie zum anderen aber auch umfangreiche Informationen zu den angebotenen Stücken und damit zur Geschichte des jeweiligen Unternehmens. Nach dem Motto: Was Sie schon immer über John D. Rockefellers „Standard Oil“ wissen wollten, aber nie zu fragen wagten. Der Sammler hat Verständnis für diese Kataloggebühr, weiß er doch, daß ein solches Werk die Auktionshäuser Unsummen für Druck und Porto kostet. Mit dieser Gebühr können in der Regel auch nur teilweise die Produktionskosten abgefedert werden. Ein kleiner Tipp: kaufen Sie ein Papier im Jahr weniger und geben das gesparte Geld für Auktionskataloge aus.
Sammlertreffen und Basare
Ebenso wichtig wie die Partnerschaft zwischen Sammler und Händlern bzw. Auktionshäusern ist eine überaus beliebte Aktivität, die immer wieder Fans anlockt: die „Flohmärkte“ für Wertpapiersammler. Bei diesen Sammlertreffen, die mehrfach im Jahr an verschiedenen Orten von Auktionshäusern oder Clubs und Vereinen veranstaltet werden, finden sich professionelle Handelsunternehmen, Feierabendhändler und Privatsammler ein, um nach Herzenslust in Bergen von Historischen Wertpapieren zu wühlen, immer auf der Suche nach preiswerten Schnäppchen. Die gibt es reichlich, denn hier bietet sich neben dem preiswerten Kauf auch die Möglichkeit, Papiere zu tauschen oder besonders günstig von Sammlern an Sammler weiterzugeben. In entspannter Atmosphäre bietet sich ganz nebenbei auch die Gelegenheit zu manchem Plausch bei einer guten Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen. Denn ein Restaurantbetrieb ist in der Regel nur ein paar Schritte entfernt.
Alte Wertpapiere unter der Lupe
Ein Exkurs in die Wertpapierarten Um es vorwegzunehmen: eine Lupe brauchen Sie nicht allzu häufig. Höchstens einmal, um eine Unterschrift zu identifizieren oder um die Arbeit des Stahlstechers genauestens zu untersuchen. Ansonsten ist das Zertifikat, gleich welcher Art, groß genug, um alles mit bloßem Auge bzw. mit Zwischenschaltung einer Brille erkennen zu können. Es gibt Tausende von Wertpapieren, bei denen es sich lohnt, sie mit Muße anzuschauen. Meistens sind es ausländische Stücke oder deutsche Fabrikwerte aus der Gründerzeit, die wundervoll gestaltet sind. Die jeweiligen Unternehmen haben sich viel Mühe gegeben, teilweise sogar namhafte Künstler mit dem Entwurf der Zertifikate beauftragt, um schon mit dem äußerlichen Erscheinungsbild das Wohlwollen und Vertrauen der Aktionäre und Investoren zu gewinnen.
Das Erscheinungsbild deutscher Aktien und Schuldverschreibungen gerade ab dem 20. Jahrhundert ist überwiegend so, wie das Ausland die Deutschen wohl auch charakterisiert: klar, übersichtlich, nüchtern und ohne Schnörkel. Die nüchternen Stücke werden wegen des Namens bzw. des entsprechenden Sammelgebietes gekauft. Mit Zusatzinformationen gespickt wandern die Stücke ins Sammelalbum und werden auch von Bekannten und Verwandten unter „Aha“ und „Ach, so was gibt es auch!“-Rufen mit Gebühr bestaunt.
Lassen Sie uns an dieser Stelle einen kleinen Exkurs in die verschiedenen Wertpapierarten unternehmen, für den vielleicht gerade die Nicht-Insider dankbar sind. Es hilft den Dschungel des „Fach-Chinesisch“ eleganter zu durchstreifen, ohne die Orientierung zu verlieren.
1. Aktien
Wie ist nun beispielsweise eine Aktie aufgebaut? Folgende Kriterien sind stets wieder zu finden:
Name der Gesellschaft
Nennwert
Statutentext über das Beteiligungsverhältnis
Ort der Ausstellung
Datum der Ausgabe
Unterschrift des Vorstandes
Unterschrift des Aufsichtsrats
Sicherheitsdruck (Umrandung = Guilloche, Unterdruck)
Wertpapierdruckerei
Manchmal zusätzlich noch:
Abbildungen (Vignetten oder Unterdruck)
Umstellungsstempel
Entwertungsstempel (oft werden die Aktien auch ungültig gelocht)
Schnittentwertung (sehr selten, aber gelegentlich wurde auch schon mal eine Ecke des Mantels abgeschnitten)
Aktien werden grundsätzlich von Aktiengesellschaften ausgegeben, also Kapitalgesellschaften, deren Gesellschaft (Aktionäre) mit ihren Einlagen am Grundkapital beteiligt sind. Dieses Grundkapital ist in eine bestimmte Anzahl Aktien aufgeteilt.
Ein Beispiel: Das Grundkapital einer AG beträgt 1.000.000 EUR. Dann kann sich die Unternehmungsleitung entschlossen haben, 1000 Aktien à 100 EUR (= 100.000 EUR) und 900 Aktien à 1000 EUR (= 900.000 EUR) auszugeben. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt von der Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung beschlossen werden, werden nach entsprechendem Verfahren neue Aktien ausgegeben.
Eine Aktie besteht aus einem „Mantel“ (das ist die eigentliche Aktien-Urkunde) und einem Kuponbogen. Diese Kuponbögen bestehen aus vielen kleinen Abschnitten,, die der Aktionär an die Gesellschaft schickt, um seine Dividende zu erhalten (wenn das Unternehmen einen Gewinn erwirtschaftet hat und diesen oder einen Teil davon als Dividende ausschüttet). Im unteren Teil des Kuponbogens ist noch ein Erneuerungsschein abgedruckt. Sind sämtliche Kupons abgetrennt und im Laufe der Jahre an die Gesellschaft eingeschickt, fordert der Aktionär mit diesem Teil einen neuen Kuponbogen an.
Es gibt folgende Arten von Aktien
Inhaberaktien. Der Besitzer ist gleichzeitig der Inhaber des Papiers. Wird jemandem ein großer Stapel von Inhaberaktien entwendet, kann der Dieb munter und fröhlich eine Dividende einkassieren, ohne daß die AG prüft, wer der rechtmäßige Besitzer ist. Wer große Bestände an gültigen Stücken hat, sollte diese ratsamerweise an einem sicheren Ort hinterlegen, z.B. in einem Bankfach oder Depot.
Stammaktien. Sie werden auch als gewöhnliche Aktien bezeichnet und gewähren dem Aktionär das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung, das Stimmrecht und den Anspruch auf Gewinnausschüttung.
Vorzugsaktien. Der Besitzer hat gegenüber dem Stammaktionär gewisse Vorzüge:
höhere Dividende
Bevorzugung bei der Aufteilung des Liquidationserlöses
Mehrfachstimmrecht
Nun hat aber ein Unternehmen nicht immer unbedingt Lust, sich von den Vorzugsaktionären anzuhören, wie die Gesellschaftspolitik auszusehen hat. Die Einlage der Aktionäre ist da weitaus willkommener als das Mehrfachstimmrecht. Daher werden die Vorzugsaktie heutzutage meistens ohne Stimmrecht herausgegeben. Es muß schon finanzielle Vorteile für den Kaufinteressenten geben, wenn er sich für Vorzüge entscheidet: z.B. niedrigere Börsenkurse als die Stämme, dabei aber gleich hohe oder höhere Dividende. Das ist für den Vorzugsaktionär nur so lange von Vorteil, wie beim Unternehmen alles glatt läuft. Ist eine Übernahme fällig, und das kommt und kam bei kleineren und mittleren AG’s recht häufig vor, sind Namensaktien Trumpf. Denn die bedeuten Macht (siehe nächster Punkt). Die Kurse der Namensaktien klettern sehr schnell nach oben, während die stimmlosen Vorzüge ein Mauerblümchendasein fristen.
Namensaktien. Sie sind auf den Namen des aktuellen Besitzers ausgestellt. Adresse und Beruf sind im Aktienregister des Unternehmens festgehalten. Allerdings benötigt man bei dieser Aktienart für die Übertragung auf einen anderen Besitzer eine Vollmacht (Blankoindossement), was die Angelegenheit etwas komplizierter bzw. umständlicher macht.
Vinkulierte Namensaktien. Sie werden häufig von Versicherungen eingesetzt. Die Übertragung auf einen neuen Besitzer kann nur durch Zustimmung der Gesellschaft erfolgen. Dadurch schützt sie sich vor fremden Einflüssen oder Übernahmen.
2. Anleihen
Darunter versteht man festverzinsliche, langfristige Schuldverschreibungen, die sowohl von Staaten, Ländern, Kommunen und Gemeinden ausgegeben werden als auch von privaten Unternehmen. Auch die Anleihen können ausgesprochen hübsch und dekorativ gestaltet sein, aber auch eben schlicht und einfach. Sie bestehen aus folgenden Elementen:
Name
Nennwert
Angabe des Zinssatzes
Angabe der Laufzeit
Laufende Nummer
Eventuell Tilgungsplan
Ort der Ausstellung
Datum der Ausstellung
Unterschrift des Aufsichtsrats
Unterschrift des Vorstandes
Sicherheitsdruck
Wertpapierdruckerei
Anleihen treten im Markt in verschiedenen Formen auf. Die einzelnen Unterschiede aufzuführen, würde hier zu weit führen. Das ist ein Studium für sich und würde Sie womöglich ein wenig langweilen. Merken sollten Sie sich die Ausdrücke, die immer wieder vorkommen, aber eines doch gemeinsam haben: nämlich den festen Zinssatz und eine vorgegebene Laufzeit. Es wären dies zum Beispiel Schuldverschreibung, Teilschuldverschreibung, Loan, Debenture (Obligation, Schuldverschreibung ohne Sicherheiten) und Bond (Obligation, Schuldverschreibung mit Sicherheiten). Auch hier gibt es viele kleine Feinheiten, wie den Gold Bond, First Mortgage Gold Registered Bond, General Mortgage Income Bond, Consolidated (First) Mortgage (Gold) Bond, First Mortgage Guaranteed (Gold) Bond usw.
Mortgage bedeutet übrigens Hypothek, d.h. ein First Mortgage Gold Bond ist eine Obligation, gesichert durch eine 1. Hypothek und durch Goldrücklagen.
3. Optionsscheine
Bei den Historischen Wertpapieren sind Optionsscheine ein ganz separates Sammelgebiet, das erst seit relativ kurzer Zeit Sammelliebhaber gefunden hat. Optionsscheine (Warrants) verbriefen ein langfristiges Bezugsrecht (Option) auf Aktien eines Unternehmens. Dabei erwirbt der Käufer gegen Zahlung eines Optionspreises das Recht, vom Verkäufer während einer vorher festgelegten Frist jederzeit die Lieferung einer bestimmten Anzahl von Wertpapieren zu einem vorher festgelegten Preis zu verlangen. Nach Auslaufen der eben erwähnten Frist ist der Optionsschein wertlos geworden und beginnt damit sein Leben als Historisches Wertpapier. Grundsätzlich birgt der Kauf von noch gültigen Optionsscheinen große Risiken, aber auch phantastische Gewinnmöglichkeiten, Ideal für Leute mit großem Geldbeutel und Nerven wie Drahtseilen. Ausgelaufene Optionsscheine sind im Gegensatz zu anderen Wertpapieren – sehr preisgünstig. Dekorative Stücke sind eher selten.
4. Genußscheine
Sie verbriefen einen Anteil am Reingewinn, eventuell auch am Liquidationserlös eines Unternehmens. Die Hauptversammlung muß beschließen (Dreiviertel-Mehrheit) ob Genußscheine ausgegeben werden sollen. Den Aktionären steht ein Bezugsrecht zu. Inhaber von Genußscheinen dürfen jedoch an der Hauptversammlung einer AG nicht teilnehmen.
Das wären die wichtigsten Wertpapierarten. Wenden wir uns aber nun verstärkt den historischen Effekten zu.
Die Geschichte der Wertpapiere
Die „Urgesellschaften“
Eine konkrete Antwort auf die Frage nach der ersten Aktiengesellschaft ist sehr schwierig. Zwar hat es schon früh Formen von Beteiligungsgesellschaften gegeben, jedoch waren die Statuten der Gesellschaften oder Interessengemeinschaften stets unterschiedlich festgelegt und von dem heutigen Recht der modernen Aktiengesellschaft weit entfernt. Ansätze sind schon im alten Rom zu finden. Eine „Artverwandtschaft“ zur AG in den Zeiten des frühen und späten Mittelalters ist schon eher konkretisierbar.
Die „Iglauer Tuchkompagnie“, 1592 gegründet, die mit Stoffen handelte, verteilte ihren Reingewinn entsprechend der gelieferten Leistungen ihrer Mitglieder. Bei den Bergbaugesellschaften, Reedereien und Mühlengenossenschaften waren Anteile einzelner Mitglieder sogar veräußerbar und Gewinn und Verlust wurden geteilt. Mit dem Ersparten konnten sich reichere Bürger und Kaufleute an Gesellschaften beteiligen und dadurch in den Genuß höherer Erträge kommen eine Alternative zu den Zinsen durch irgendwelche anderen Anlageformen.
Die St.-Georgs-Bank in Genua wies im Jahre 1407 allerdings schon gewisse Ähnlichkeiten zur heutigen AG auf. Es war eine Diskonto- und Zettelbank, die zur Finanzierung der Staatsschulden Anleihen zu einem festen Zinssatz ausgab. Die Gläubiger wurden 1419 Anteilseigner der Bank. Ausschüttungen hingen jedoch dann von den Staatseinkünften ab, d.h. sie waren variabel (und betrugen nie wieder 7%, wie ursprünglich festgelegt). Sie merken schon: das ist so ähnlich wie bei der heutigen Dividende, die je nach Ertragslage ausgeschüttet wird. Ebenso war das Kapital fest, auch wenn der italienische Staat es nach eigenem Gutdünken jederzeit zurückzahlen konnte. Und die Kapitalanteile wurden gleichmäßig aufgeteilt. Dennoch: die „Geschäfte“ der St.-Georgs-Bank hingen nicht direkt von einem wirtschaftlichen Markt ab, sondern von den Steuereinnahmen des Staates. In der Tat eine sichere Sache, oder können Sie sich einen Staat vorstellen, der keine Steuern von seinen Bürgern einnimmt?
Erste „Aktiengesellschaften“
Die überseeischen Unternehmungen, die im 17. Jahrhundert an Bedeutung gewannen, machten aus der Not eine Tugend. Der Kapitalbedarf war riesig und mit großem Risiko behaftet; man verteilte die Sache einfach auf mehrere Schultern. Die Erkenntnis der Kapitalverteilung war zwar nicht ganz neu, doch waren es die Holländer, die den Gedanken sehr feinfühlig konkretisierten und eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung vorschlugen und umsetzten. Die erste Aktiengesellschaft moderner Prägung war die Kolonial- und Handelsgesellschaft Holländisch-Ostindische Kompanie (1602 bis 1799). Darüber sind sich alle Wirtschaftsforscher einig. Die Gesellschaft gab Aktien aus und gewährte Miteigentum am Unternehmen sowie Gewinnbeteiligung. Die Haftung war auf den Nominalwert begrenzt und die Aktie konnte jederzeit weiterverkauft werden. Ein Exemplar gibt es sogar noch, es gilt als DAS Historische Wertpapier überhaupt. Die älteste Aktie der Welt! Sie datiert aus dem Jahr 1606 und ist heute im Besitz der Amsterdamer Börse. Der Versicherungswert des wohl teuersten Historischen Wertpapiers beträgt 1 Million Gulden.
Vom Erfolgt dieser Gesellschaft beflügelt, versuchten sich viele andere Unternehmen ähnlicher Gattung. Den meisten war jedoch kein großer Erfolg beschieden. Nur die englische East-India Company überlebte alle anderen Gesellschaften. Sie bestand von 1613 bis 1858, also fast 250 Jahre! Die Kaufleute, die in der East-India über mehrere Generationen hinweg als Aktionäre beteiligt waren, machten großartige Geschäfte; sie waren clever, mutig und risikofreudig. Das brachte ihnen eine Dividende, von der manch heutiger Aktionär nur träumen kann.
Holland ist das Mutterland der Aktiengesellschaften moderner Prägung; es hatte auch die erste richtig funktionierende Börse. Die ersten gegründeten niederländischen Unternehmen galten als Vorbild für andere Firmen, die auch im benachbarten Ausland ihr Glück versuchten. Mehr oder weniger erfolgreich, wie die Geschichte aufzeigt, denn naturbedingt gab es schon damals Skandale, Pleiten, Korruption, Mißgunst und politische Widrigkeiten. Die zäheste Gesellschaft ist wohl die englische Hudson’s Buy Company. Sie wurde am 2. Mai 1670 gegründet und existiert noch heute!
Erste Aktiengesellschaften in Deutschland
Das Wort „Actie“ wird in Deutschland schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts für Inhaberpapiere gebraucht. Im Abschied des Reichstages von Augsburg (1551) heiß es in § 78 ff.: „…Es soll auch kein Christ hinfürter einem Juden sein Action und Forderung gegen einen anderen Christen abkaufen oder ein Jud als Schuldgläubiger einem anderen Christen solche Actionen und Forderungen in einigem Weg cediren oder einigs Contracts-weiß zustellen bey Verlust derselben Forderung“. Deutschland hielt sich mit der Gründung von Aktiengesellschaften etwas länger zurück als seine Nachbarn. Vorschläge dazu gab es zwar schon Ende der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts, doch die erste nachweisbare AG wurde erst 1682 ins Leben gerufen: die „Handels-Compagnie auf denen Küsten von Guinea“, gegründet vom Großen Kurfürst von Brandenburg. Und danach folgten weitere.
Doch auch Industrie und Eisenbahn bedurfte eines großen Kapitaleinsatzes. Ein Einzelner konnte diese Summen allein nicht mehr aufbringen (früher waren es eben die Privatbankiers), so daß die Aktiengesellschaft die einzig mögliche Form einer effektiven Finanzierung darstellte. Einen gesetzlichen Rahmen für die „Actiengesellschaften“ gab es noch nicht. Zwar existierten Statuten, eine Art vertragliche Regelungen, doch bedurften diese der Zustimmung der Regierung. Der Text eines Anteilzertifikats konnte beispielsweise mit folgendem Wortlaut beginnen: „Sanctioniert durch des Königs von Preußen Majestät…“. Erst die Aktienrechtsnovelle von 1870 lieferte verbindliche und gesetzlich verankerte Regelungen für die neuen Aktiengesellschaften, deren freie Entfaltung dadurch gesichert wurde. Nun begann eine neue Epoche:
Die Gründerzeit
Nicht nur die Aktienrechtsnovelle begünstigte die neue Gesellschaftsform. Ein anderer Umstand kam dem Deutschen Reich zu Hilfe: der gewonnene Deutsch-Französische Krieg, der 1870 begann und 1871 mit der Kapitulation Frankreichs endete. Im „Frieden von Frankfurt am Main“ verpflichteten sich die Franzosen, eine Reparation von fast 4,5 Milliarden Goldmark zu zahlen und außerdem das Elsaß und Teile von Lothringen abzutreten, die zu „Elsaß-Lothringen“ zusammen gefaßt wurden. Dies war nun ein wahrer Geldsegen wie einige 6er im Lotto für eine Person! Deutschland konnte endlich seine Kriegsanleihen zurück zahlen, die Armee- auf und umrüsten und das Eisenbahnnetz ausbauen. Der Wohlstand brach aus und Unternehmen schossen wie Pilze aus dem Boden.
In Berlin wurden 1872 allein 174 Aktiengesellschaften gegründet. Übermut tut selten gut das war auch schon bald im Deutschen Reich der Fall. Der Börsenkrach von 1873, der in Wien begann, griff auch bald in der Reichshauptstadt Berlin um sich. Die Kurse stürzten an der Berliner Börse nach unten, eine Folge der industriellen Überproduktion. Kleine und mittlere Unternehmen blieben auf der Strecke, die größeren schlossen sich zu Konzernen zusammen. Es folgte eine lange Durststrecke, unter der Bürger und Unternehmen zu leiden hatten. Schauen wir uns einmal folgende Zahlen an, um uns die gewaltigen Vorgänge dieser Zeit staunend zu vergegenwärtigen:
Vor 1800: Preußen besaß ganze fünf Aktiengesellschaften
1800 bis 1870: Gründung von 523 AG’s nur 66 stellten den Betrieb wieder ein
1871 und 1872: 780 AG’s wurden gegründet nur in Berlin 174!
1873: Der Börsenkrach
1895: Börsennotiz von nur 129 AG’s in Berlin bei doppelter Einwohnerzahl als im Jahr 1872. Das sind weniger, als in jenem einen Jahr gegründet wurden.
In diesen Gründerjahren waren es vor allem Banken und Versicherungen, die aus dem Boden schossen, aber auch Industriebetriebe und Terraingesellschaften, die aufgrund des neuen, wenn auch kurzlebigen Wohlstandes ungeheure Bauaktivitäten an den Tag legten. Zuckerfabriken, Chemieunternehmen, Brauereien, Textilfabriken und Hotels waren genauso an der Börse aktiv wie Schokoladenwerke und Stahlunternehmen. Die Geschäftspraktiken waren nicht immer korrekt. Prospekte versprachen den anlagewilligen Bürgern phantastische Dividenden. Das klappte zu Anfang auch ganz gut: Fabrikanten verkauften ihr Unternehmen an Konsortien, die setzten das Kapital neu fest (natürlich höher) und die sogenannten Jobber trieben die Aktienkurse an der Börse nach oben. So verdienten viele Menschen an einem Unternehmen, wenn auch nur kurzfristig. Gesellschaften wie die Deutsche Bank, Commerzbank und Dresdener Bank, alle in diesen Jahren gegründet, sowie BASF, Hoechst, Bayer, AEG, Siemens-Schuckert, u.v.m. stammen aus dieser Zeit.
Der Höhepunkt
Nachdem der Topf auf heißer Flamme übergekocht war und nun langsam wieder erkaltete, beruhigte sich die Lage wieder. Die ganz großen Unternehmen mußten zwar Federn lassen, konnten sich aber behaupten. Ernst wurde es wieder mit dem Ende des Ersten Weltkrieges. Ab 1917 wurde eine Genehmigungspflicht für Aktiengesellschaften ins Leben gerufen, um eine Kontrolle zu haben. Deutschland erholte sich wieder. In den 20er Jahren wurde der Höhepunkt erreicht: Über 10.000 Aktiengesellschaften waren notiert. Dann griff die Weltwirtschaftskrise (1929 bis 1933) um sich, der Zweite Weltkrieg folgte und Deutschland lag wieder am Boden. Daß es in den 50er und 60er Jahren unter zwar unglaublichen Anstrengungen wieder aufwärts ging, wissen wir alle, aber eine solch große Anzahl von Aktiengesellschaften hat es nie wieder gegeben. Heute sind an allen deutschen Börsen zusammen nur noch etwas mehr als 400 AG’s notiert.
Deutschlands Währungen
In Deutschland galt und gilt die Regel, daß eine Inhaberaktie im Falle eines Verkaufes an den neuen Besitzer weiter gegeben wird. Ältere Wertpapiere könnten viel aus ihrer wechselvollen Geschichte erzählen, die sie durchlaufen haben wären sie dazu in der Lage. So bleibt dem Sammler aber immer noch die Möglichkeit, durch genaues Hinschauen einiges über das Stück heraus zu bekommen. Zum Beispiel durch Umstellungsstempel, von denen u.U. mehrere vorhanden sind. Deutschland durchlief seit dem Aufkommen der Aktiengesellschaften mehrere Währungsumstellungen. In diesen Fällen mußten die Zertifikate hinsichtlich ihrer ursprünglich eingedruckten Währungsangaben entsprechend korrigiert werden. Nachfolgend möchte ich die verschiedenen Phasen kurz aufführen:
bis 1871 war in Preußen der Taler (auch „Thaler“) amtliches Währungsgeld in Deutschland. Er wurde durch die Münzgesetzgebung von 1871 und 1873 auf 3 Mark der neuen Reichswährung gesetzt, 1908 bis 1933 wurden auch silberne Dreimarkstücke geprägt. In Süddeutschland bezahlte man mit Gulden, in Norddeutschland (Hamburg und Schleswig-Holstein) mit Mark-Banco.
1871-1923 wurde in Mark bezahlt, abgelöst
1923 von der Rentenmark.
1924-1948 galt die Reichsmark (RM),
1948-2001 die Deutsche Mark (DM),
seit 1999 Euro als Buchgeld (EUR)
seit 2002 Euro im Umlauf
Ab und zu taucht auf einem Papier auch die Bezeichnung „Goldmark“ (GM) auf, auch Festmark genannt. Dabei handelt es sich um die während der Inflation (Währungsverfall) nach dem Ersten Weltkrieg aufgekommene, ehemalige feste Recheneinheit, die der Goldparität der deutschen Währung vor 1914 entsprach. Eine Goldmark entsprach 1/27900 Kg Feingold bzw. 10/42 Dollar. Die 1924 eingeführte Reichsmark erhielt dieselbe Wertgrundlage. Die Goldmark war also keine Währungseinheit oder ein umlaufendes Zahlungsmittel, sondern diente als Recheneinheit, um eine Relation zwischen dem abgewerteten deutschen Geld und den ausländischen Währungen auf Goldgrundlage herzustellen.
Bis 1948 sah man keine Notwendigkeit, bei Währungsumstellung neue Wertpapiere auszugeben und die alten einzuziehen. Kurzerhand wurden die Papiere mit einem Stempel versehen (z.B. „Umgestellt auf 1.000 RM“). Erst die Währungsreform von 1948 sah vor, alle bis dahin im Umlauf befindlichen Wertpapiere einzuziehen (um sie dann zu vernichten) und neue, auf Deutsche Mark lautende auszugeben.
Schicksal der Wertpapiere in Deutschland
Das ist das Faszinierende an Historischen Wertpapieren: es dürfte sie eigentlich gar nicht mehr geben. Und das ist, so meine, auch ein Punkt, der dieses Hobby so außergewöhnlich macht. Das normale Schicksal eines ungültig gewordenen Wertpapiers war, daß es eingezogen und vernichtet wurde. Anlässe dazu konnten zum Beispiel sein: Fälligkeit einer Anleihe. Gegen Rückgabe des Originals wurde dem Anleihegläubiger der Betrag zurückgezahlt.
Fusion. Alte Aktien wurden gegen neue umgetauscht.
Verstaatlichung von Unternehmen (z.B. Eisenbahngesellschaften). Der Staat entschädigte die Aktionäre gegen Abgabe ihrer Aktienzertifikate.
Konkurs einer Aktiengesellschaft
Währungsreform 1948. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alle bis dahin im Umlauf kreisenden Zertifikate ungültig. Die Papiere wurden eingezogen und gegen neue, auf DM lautende umgetauscht.
Euro-Umstellung. AG’s die bis zum 31.12.1998 in das Handelsregister eingetragen wurden, brauchten ihre Aktien nicht auf Euro umzustellen. Allerdings nur bei einer unveränderten Kapitalisierung. Änderte sich ab dem 1.1.2002 das Grundkapital der Gesellschaft, so wurde diese Änderung nur dann ins Handelsregister eingetragen, wenn zugleich auf Euro umgestellt wurde. Auch hier wurden die DM-Papiere eingezogen und gegen neue, auf Euro lautende umgetauscht.
Verkauf von Namensaktien. Auch sie konnten eingezogen werden. Allerdings behalf man sich auch mit der Überstempelung, indem der Name des neuen Besitzers darüber geschrieben wurde.
Schicksal der Wertpapiere in den USA
Im Gegensatz zu den deutschen Wertpapieren ist das Dasein einer amerikanischen Aktie weit weniger aufregend und in der Regel auch kürzer. Das liegt an einem anders gelagerten Aktiengesetz. Es schreibt vor, daß im Falle einer Veräußerung das alte Stück an die Gesellschaft oder an einen vom Unternehmen beauftragten Broker zurück gegeben werden muß. Der neue Besitzer erhält auch ein neues, auf ihn ausgestelltes Zertifikat. Amerikanische Aktien sind also immer Namensaktien. Das erklärt auch die Tatsache, daß auf dem Markt für Historische Wertpapiere eine Unmenge von Aktien kursieren. Ungeachtet der Tatsache, daß eigentlich auch ungültige Papiere vernichtet werden sollen, floriert der Nachschub an diesen Papieren bestens. Die Unternehmen haben gemerkt, daß hier eine große Nachfrage besteht. Die Vernichtung kostet Geld, die Herausgabe an den Sammlermarkt bringt dagegen ein kleines Zubrot.
Dies ist für die Sammler natürlich äußerst erfreulich, denn eine Sammlung kann auf diese Weise mit interessanten Stücken bereichert werden, die meisten noch dazu recht preisgünstig sind. Eine General Motors, Fruehauf-Trailer, Otis Elevator (Fahrstühle) oder Howard Johnson (Hotel- und Motelkette) gibt es für unter 10,- EUR. Der günstige Preis kommt natürlich dadurch zustande, daß durch das vorhin erläuterte Aktiengesetz ganz andere Mengen verfügbar sind, als es in Deutschland der Fall ist. Mit Wertsteigerungen in dem Sinne kann man bei diesen Papieren kurzfristig sicherlich nicht rechnen. Sie befriedigen hauptsächlich die Sammelleidenschaft. Dennoch: keine Regel ohne Ausnahmen! Alte Stücke gibt es natürlich nicht „ohne Ende“, wie z.B. die meisten Eisenbahnaktien vor 1940. Sie kosten etwa zwischen 50,- und 150,- EUR.
Einige Zertifikate aus der Luftfahrt sind mittlerweile auch nicht mehr gerade üppig gesät. Für eine PanAm (die große, mittlerweile pleite gegangene Airline) muß man auch schon um 20,- EUR investieren.
Einige Firmen weigern sich standhaft, ihre „Altpapiere“ herauszugeben. So sucht man ein Stück von McDonnald’s zumeist vergeblich. Oder Harley Davidson. Oder Coca Cola.
Die Wertbestimmung bei Historischen Wertpapieren
In den obigen Ausführungen haben Sie einiges über die Geschichte von Historischen Wertpapieren gelesen. Ziel der Ausführungen ist es, den Einsteiger für das Thema zu sensibilisieren und ein wenig den Appetit auf ein großartiges Hobby anzuregen. Nun steht ein frisch gebackener Sammler aber immer etwas unsicher da mit der Frage: „Wie wird denn der Wert eines Papiers bemessen?“
Mehrere Faktoren spielen da hinein:
Mengenmäßiges Vorkommen auf dem Sammlermarkt. Dabei kann allerdings von keiner Seite eine Garantie gegeben werden, denn oftmals können darüber nur Vermutungen angestellt werden. Ein Stück war bis gestern nur ab und zu auf einer Auktion vertreten sagen wir im Durchschnitt für 250,- EUR. Heute ha man in Opa Hannes Nachlaß weitere 200 Stück dieser Emission gefunden. Drängen diese verstärkt auf den Markt, geht der Preis zwangsläufig nach unten. Niemandem kann in solchen Fällen jedoch die Schuld zugewiesen werden.
Bekanntheitsgrad (des Unternehmens oder einer Person). Unterschriften wie Mannesmann, Krupp, Heinkel, Vanderbilt, Wells, Fargo stellen großartige Höhepunkte eines Papiers dar. Bei der Beurteilung muß allerdings berücksichtigt werden, ob die Unterschrift im Original oder nur als Faksimile vorhanden ist.
Dekorativität und Gestaltung des Papiers. Ebenfalls wichtig zur Werteinschätzung ist die optische Gestaltung. Ein herrlicher, detailreicher Druck wird in der Regel höher bewertet als ein schlichtes Papier mit Text und simpelster Umrandung. Folgende Erscheinungsformen nach optischen Gesichtspunkten können bei Wertpapieren vertreten sein: große (z.T. umrahmte) Abbildung, im Fachjargon „Vignette“ genannt mit detailgetreuem Stahlstich (manchmal auch Kupferstich, bei ganz alten Stücken eventuell auch Holzschnitt)
Allegorien (Symbolik-Figuren)
Gestaltung der Umrandung (Guilloche): Farbe, Jugendstil, Historismus, Ornamentik, Art Deco usw.
Abbildung im Unterdruck
Zeichnung von bekannten Künstlern bzw. Abdruck von deren Originalzeichnungen oder Gemälden.
Erhaltungszustand des Papiers. Bei schriftlichen Angeboten, hauptsächlich in Auktionskatalogen, wird der Erhaltungszustand mit einigen Kürzeln beschrieben, damit auch derjenige das Papiers beurteilen kann, der es nicht persönlich in den Händen hält.
Der Erhaltungszustand ist ein wichtiger Faktor bei der Wertermittlung.
UNC (uncirculated): druckfrisch
EF (extremly fine): tadellos, leichte Knickspuren
VF (very fine): normaler Erhaltungszustand mit Umlaufspuren und Einrissen
F (fine):stark beschädigt, sammelwürdig
Alter des Wertpapiers. Übrigens, die älteste noch verfügbare deutsche Aktie datiert von 1804 (Bürger-Resssource Hof, die noch heute als Verein existiert). Die ist schon ein paar Euro mehr wert als eine Daimler-Benz Aktie von 1942 oder, noch krasser, als ein amerikanisches Stück aus den 1970er Jahren. Stücke vor 1800 werden als „Inkunabeln“ bezeichnet.
Beliebtheitsgrad des Sammelgebietes bzw. des jeweiligen Papiers.
Druckverfahren (Kupferstich, Stahlstich, Lithographie) und Druckanstalt (sehr bekannt für besten Sicherheitsdruck ist z.B. Giesecke & Devrient oder Schleicher & Schuell).
Ausgabenummer. Einige Sammler bevorzugen und bewerten ein Stück mit niedriger Ausgabenummer besser, für andere spielt es nicht unbedingt die ganz große Rolle. Hauptsache, das Stück kann erworben werden.
Grad der Beeinträchtigung durch Entwertung. Ungültig gewordene Stücke sind oft entwertet: durch handschriftliches Durchstreichen des Textes oder der Unterschrift(en), durch Loch- oder Schnittentwertung. Ist ein Papier noch „jungfräulich“, also nicht entwertet aber trotzdem ungültig: nun, um so besser.
Art des Motivs bzw. Vielfalt der Motive. Der Sammler wird einen aufwendigen und detailgetreuen Stahlstich einer alten amerikanischen Eisenbahn inmitten einer herrlichen Landschaft sicherlich besser bewerten als einen „simplen“ Adler, das Wappentier der USA.
Handschriftliche Ausstellung des Wertpapiers. Es zeugt schon von geschichtlichen Momenten, wenn ein Papier handschriftlich ausgestellt wurde. Dieses macht das Papier persönlicher: ein Mensch war ganz bewußt tätig für einen anderen Menschen. Das ist etwas anderes als der unpersönliche Maschinendruck, ein Stempel oder ein Computerauszug.
Steuermarken / Wachssiegel. Sie können ein Papier auf-, aber auch abwerten. Ist die Steuermarke schief aufgeklebt oder akkurat angeordnet, überlagert sie womöglich die Vignette? Ist das Wachssiegel noch fehlerfrei und lesbar oder ist es bereits abgebröckelt?
Stubs. Das sind Kontrollabschnitte, die vorwiegend in den USA Verwendung finden. Die Aktien kommen teilweise in sogenannten Aktienbüchern von der Druckerei zur Gesellschaft. Links befindet sich ein Kontrollabschnitt, rechts daneben durch die Perforation getrennt die eigentliche Aktie. Beide Teilstücke sind u.a. mit der gleich laufenden Nummer versehen. Kauft ein Aktionär eine Aktie, wird diese heraus genommen und dem Käufer zugestellt. Verkauft jener die Aktie zu einem späteren Zeitpunkt wieder, muß er sie an die Gesellschaft zurück geben. Dort wird sie an den entsprechenden Stub mittels Leim wieder angebracht. Zahlreiche Historische Wertpapiere sind noch mit diesen Kontrollabschnitten versehen. Jeder möge für sich entscheiden, ob das für ihn eine Wertminderung darstellt denn es gehört zur Praxis im Wirtschaftsleben. Wenn es stört: die Stubs können über heißem Wasserdampf erhitzt und sauber abgelöst werden, da der Leim wasserlöslich ist. Zurück bleibt aber in der Regel ein gelb- oder braunfarbener Rückstand. Sicher ist natürlich, daß eine Aktie ohne Stub und ohne Leimrand hübscher aussieht.
Blanketten. Darunter versteht man Wertpapiere, die als Reservestücke vorgehalten und nie ausgestellt wurden. Da nur relativ wenige Sammler an Blanketten Interesse haben, ist ihr Sammlerwert in der Regel unter den ausgestellten Stücken angesiedelt.
Specimen. Viele Unternehmen schalten dem eigentlichen Aktiendruck einige Musterdrucke vor, als Specimen bezeichnet werden. Eine recht kleine Anzahl von Sammlern hat sich auf Specimen spezialisiert. Sie sind aber überwiegend, wie die Blanketten, wenig beliebt. Nur selten werden mehrere hundert Euro für ein Stück bezahlt. Ein kleines Wunder: obwohl es relativ wenige verschiedene Specimen-Ausgaben in auch nur geringer menge gibt, fristen sie eher ein Mauerblümchendasein.
Sie werden nach dem Studium obiger Ausführungen unter dem Kapitel „Wertbestimmung“ nun sicherlich sagen: „Das soll ich mir alles merken?“ Glauben Sie mir: schauen Sie sich mal einige alte Wertpapiere an und Sie werden es intuitiv bei den meisten genannten Faktoren richtig beurteilen.
Sammeln mit System
Die meisten Sammler haben zur Anfang ihrer Sammleraktivität irgendein Wertpapier gekauft, das sie einfach nur hübsch fanden und besitzen wollten. Es folgten andere Stücke wahllos aus allen Branchen. Das ist auch nicht gerade grundverkehrt, denn es führt den interessierten Einsteiger erst einmal an das Thema Historische Wertpapiere heran und verschafft einen Eindruck von der vielschichtigen Materie. Der Gedanke: „Was kaufst du dir da bloß alles?“ kommt jedoch sehr bald auf und der Sammler überlegt sich ein Thema, auf das er sich spezialisieren möchte. Je eher, desto besser. Gezielter kann man kein Geld sparen.
Die Motivationen, ein bestimmtes Thema zu sammeln, sind individuell und verschieden. Wie kaum in einem anderen Sammelgebiet bieten sich hier Möglichkeiten, in zahlreichen Themen aktiv zu werden. Tausende von Menschen sammeln im Abonnement beispielsweise postfrische Briefmarken unter dem Thema „Neuheiten“. Doch wer kann schon für sich in Anspruch nehmen, mit vielleicht 200 anderen Sammlern verstärkt „Deutsche Eisenbahnen“ zu sammeln oder mit 10 weiteren Sammlern alle Emissionen aus Danzig zusammen zu tragen. So obliegt es dem Sammler, ob er sich in einem vielschichtigen Sammelgebiet bewegt (z.B. Terraingesellschaften weltweit) oder in einem kleineren Bereich (z.B. Emissionen aus Bonn). Jeder muß das ganz für sich persönlich entscheiden, denn es ist nicht nur eine Frage des Interessengebietes, sondern auch des Geldbeutels.
Glücklicherweise entsteht dem Sammler keine Zeitnot. Er kann in Ruhe nach und nach je nach Budget seine Werte zusammentragen. Er kann sich bei seiner Jagdleidenschaft Zeit nehmen und die vielfältigen Möglichkeiten der Bezugsquellen dann nutzen, wenn es ihm sinnvoll erscheint. Wird in einer Auktion ein Stück angeboten, das ihm zu teuer erscheint, wartet er auf die nächste Möglichkeit. Vielleicht taucht dieser Titel bei einem Sammlertreffen zu einem günstigeren Preis auf oder es wird in einer Händler-Preisliste angeboten. Umgekehrt gilt dies natürlich auch. Manchmal sollte man jedoch den Mut aufbringen und sofort zuschlagen, wenn, wo auch immer, DAS Stück auftaucht, auf das man schon lange gewartet hat.
Durch das Vergleichen der vielen Bezugsmöglichkeiten kann sich der Sammler ein eigenes System aufbauen, nach dem er vorgeht. So entsteht eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, an der er auch langfristig seine Freude haben wird. Informiert sein heißt: am Markt sein.
Aufbewahrung von Historischen Wertpapieren
Hat sich der Sammler erst einmal für ein Gebiet entschieden, stellt sich die Frage nach einer passenden Unterbringung. Kleine Sammlungen können beispielsweise hübsch gerahmt werden und zum Blickfang des Büros oder der Wohnung werden. Achten Sie bitte darauf, daß es sich um Qualitätsrahmen mit gutem Glas handelt. Direkte Sonneneinstrahlung sollte jedoch unbedingt vermieden werden.
Ist die Sammlung schon größer, kommt man um ein Album nicht mehr herum. Einige Händler bieten Sammelalben in verschiedenen Größen an. Nutzbare Formate in A4 (hoch- oder querformatig), A3 (i.d.R. hochformatig) und für die Übergrößen sogar A2. Der Einband ist meist aus genarbtem Kunstleder und wird, je nach Albumtyp, auch mit Schriftzug angeboten. Der Inhalt besteht meistens aus etwa 25 bis 30 Hüllen, die mit einem Trennkarton bestückt sind. Auf diese Weise kann man 50 bis 60 Wertpapiere unterbringen. Die Erfahrung zeigt, daß eine Bestückung mit 25 Hüllen optimal ist, da das Album sonst zu schwer wird und die Lochung u.U. reißen kann.
Gestatten Sie mir eine Warnung und einen Hinweis! Wählen Sie zur dauerhaften Unterbringung nur weichmacherfreie Hüllen! Nur diese garantieren dafür, daß Ihre Schätze sicher lagern, denn sie sind dokumentenecht.
Es gibt auch die preiswerteren weichmacherhaltigen Hüllen. Sie lassen sich wunderbar anfassen und blättern. Aber: der chemische Weichmacher-Zusatz greift auf Dauer das Papier an und hebt Ihnen die Druckerschwärze ab. Sie können den Text dann auf der Hülle lesen, nicht jedoch mehr auf dem Wertpapier. Das Stück ist unwiderruflich zerstört. Stellen Sie sich vor, eine Vanderbilt-Unterschrift klebt auf der Hülle! Der Ärger ist nicht vorstellbar, der auf Sie zukommt. Weichmacherhaltige Hüllen eignen sich jedoch recht gut für Präsentationen, z.B. auf Sammlertreffen, denn dort wird den ganzen Tag geblättert. Die Hüllen sind robust und nehmen beim Umschlagen wenig Schaden. Und wenn doch: auch egal. Sie kosten nicht viel.
Ist der Basar vorbei, lagern Sie die Stücke jedoch bitte wieder in die weichmacherfreien Hüllen um. Für die eigene Sammlung sollte sich selbstredend die Frage nach der Hüllenart gar nicht erst stellen. Wählen Sie unbedingt dafür gleich die weichmacherfreien. Natürlich haben auch diese Hüllen einen kleinen Haken: sie sind steifer und wesentlich knickempfindlicher. Beim Einlegen der Wertpapiere sollte deshalb Vorsicht walten und auch das Umblättern mit gewisser Ehrfurcht (natürlich auch schon der Papiere wegen) zu tätigen. Dennoch nimmt der Sammler diesen kleinen Nachteil gern dafür in Kauf, daß seinen Schätzen nichts passiert.
Die meisten großen Händler haben sowieso fast nur weichmacherfreie Hüllen im Lieferprogramm. Steht in der Verkaufsofferte jedoch nichts über die Beschaffenheit, fragen Sie einfach nach. Die Mehrkosten sind gerechtfertigt.
Die Registrierung
Darüber sollte sich der Einsteiger in dieses schöne Hobby gleich von Anfang an Gedanken machen. Eine geeignete Registrierung aller Wertpapiere verhindert, daß man allzuschnell den Überblick verliert. Die Registrierung kann auf Karteikarten erfolgen oder im Computer unter Datenverwaltungs- oder einfachen Kalkulationsprogrammen (z.B. Microsoft Excel). In jedem Fall sollten Sie sich folgende Punkte notieren:
Lieferant
Kaufdatum
Kaufpreis
Name des Wertpapiers (Titel)
Nennwert
Ausgabedatum
Individuelle Wertpapier-Nummer (wichtig für die Versicherung im Schadensfall)
Katalogpreis (z.B. SUPPES)
So sind Sie ständig auf dem laufenden. Ihre Registrierung sollte jedoch so beschaffen sein, daß Sie sie zu Sammlertreffen und Basaren oder Auktionen mitnehmen können. So können Sie sofort nachsehen, ob Sie das Stück Ihres Interesses schon besitzen. Oder beim Gespräch mit einem Sammlergefährten haben Sie die Möglichkeit, zu bestimmten Fragen oder Diskussionspunkten Auskunft geben zu können.
Information ist alles
Ich erwähnte es schon: nur das reine Sammeln bringt nicht die rechte Freude. Gerade Historische Wertpapiere wollen mit Zusatzinformationen aufgewertet werden. Nichts ist schöner, als über ein Stück viel zu wissen. Der Sammler hat viele Möglichkeiten, sich umfangreiches Wissen zuzulegen.
Fachliteratur
Die großen Händler bieten eine Fülle von Fachbüchern und Broschüren an, die a) zum Thema Historische Wertpapiere etwas aussagen und b) von Wirtschaft allgemein und im speziellen, sowie von Unternehmen und Unternehmern handeln. Wird man zu einem bestimmten Interessengebiet nicht fündig bieten Buchantiquariate, Fachbuchhandlungen oder Büchereien weitere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung. Kaum etwas befriedigt den Sammler mehr, zum Beispiel nach dem Studium einer Biographie, wenn sein Papier aufgrund neuer Informationen in einem ganz anderen Licht erscheint.
Die Sammelgebiete
Die Frage nach der Sammelthematik ist die wichtigste, die der Einsteiger ganz allein für sich selbst beantworten muß. Gezieltes Sammeln und das Beschaffen von Informationen rund um sein persönliches Sammelgebiet bringen Freude und letztendlich auch die Anerkennung und das Interesse von Freunden und Bekannten. Zu Beginn Ihres Sammlerlebens müssen Sie zunächst entscheiden, in welchen Bereichen Sie aktiv tätig sein wollen. Der folgende Fragenkatalog vereinfacht vielleicht die Entscheidung und hilft Ihnen auch Geld einzusparen, indem Sie eben nicht gleich einmal munter draufloskaufen und die Sammlung erst zu einem späteren Zeitpunkt näher spezifizieren.
Ein Beispiel:
Industrie
Welche Art der Industrie? Chemie, Elektrizität, Maschinenbau…?
Weltweit oder ein bestimmtes Land, z.B. Deutschland?
Regional begrenzt? Zum Beispiel Bundesland oder Teile davon (Ruhrgebiet, Siegerland, Pfalz usw.)
Noch enger begrenzt auf Städte? Nur Berlin, Düsseldorf, Oberhausen etc.
Bestimmte Zeitperioden (z.B. nur vor 1900, nur bis 1945 oder nur ab 1948)
Alle Firmen oder nur bedeutende?
Wenn Sie diese Fragen für sich beantwortet haben, können Sie konsequent auf die Suche gehen. Um es Ihnen, lieber Sammlerfreund, etwas leichter zu machen, werden im folgenden die wichtigsten Sammelgebiete vorgestellt und mit kleinen Anekdoten, Geschichten um Unternehmen und Führungspersönlichkeiten sowie Tipps angereichert.
Amerikanische Eisenbahnen
Gelten als eines der beliebtesten Sammelgebiete, sind doch Aktien und Anleihen außergewöhnlich dekorativ gestaltet. Die Vignetten, von Stahlstechern auf den Druckplatten meisterhaft gestochen, sind sehr detailgetreu und vermitteln den Flair längst vergangener Eisenbahnromantik. Da sind die schnaufenden Dampfrosse in der Prärie zu sehen; Reisende warten auf den Zug an einem Kleinstadtbahnhof; Landvermesser vermessen eine Trasse inmitten einer unzugänglicher Gegend, beobachtet von Indianern; herrliche Bahnhofsgebäude und Portraits zieren die Zertifikate.
Den Gedanken, alles sammeln zu wollen, können Sie allerdings in ganz weite Ferne rücken. Es gab unzählige Eisenbahngesellschaften, die jede für sich die unterschiedlichsten Emissionen herausgegeben haben, so daß man auf mehrere Tausend Aktien und Bonds käme. So ist es gerade in diesem Sammelgebiet ratsam, sich auf bestimmte Gesellschaften zu konzentrieren: z.B. Gesellschaften aus dem 19. Jahrhundert, bestimmte Systeme (New York Central System, Neuengland-Linien) oder noch spezifischer von einer einzelnen Eisenbahngesellschaft (New York Central & Hudson River Railroad oder Baltimore & Ohio Railroad). Sehr viele Sammler kaufen sich aber einfach nur, was ihnen optisch gefällt. Nicht selten zieren die hübschen Zertifikate, fachgerecht gerahmt, so manches Wohnzimmer oder Büro. Auch das ist o.k. und wird von anderen Eisenbahnsammlern durchaus akzeptiert und gewiß nicht als zielloses Sammeln abgetan.
Trotz des riesigen, auch jetzt noch im Markt vorhandenen Materials, ist das Sammeln von US-Railroads noch recht preiswert. Schon ab 20,- Euro bekommt man hübsche Stücke, die teueren überschreiten (je nach Alter) relativ selten die 200,- Euro Grenze.
Autographen
Das Sammeln Historischer Wertpapiere mit Originalunterschriften berühmter Persönlichkeiten, der sog. „Autographen“, hat sich mittlerweile zum einen eigenständigen und sehr anspruchsvollem Sammelgebiet entwickelt. Die Faszination, die von den Autographen ausgeht, hat die Commerzbank in ihrer 1987 herausgegebenen Begleitbroschüre zu der Ausstellung „Die amerikanischen Gründer auf Aktien und Anleihen“ bestens eingefangen: „Als sie anfingen, besaßen sie nichts als den glühenden Geist der Pioniere und den unbändigen Willen zum Aufstieg. Wenn menschlicher Wille jemals Berge versetzte, dann der ihrige. Im 19. Jahrhundert machten sie Amerika binnen weniger Jahrzehnte zur stärksten Wirtschaftsmacht der Erde, und jedermann nannte respektvoll ihre Namen – Namen wie Astor und Rockefeller, Edison und Vanderbilt.
…Nichts dokumentiert Wege und Werke, Wagen und Wägen dieser Pioniere glaubwürdiger und anschaulicher als die vergilbten Zertifikate ihres unsagbaren Reichtums, jene Anzahl kunstvoll gestalteter Aktien und Anleihen, die sie mit eigener Hand signierten. Sie sind heute zu hochbegehrten Sammelobjekten geworden und gehören zu den Raritäten des internationalen Sammlermarktes für Historische Wertpapiere“.
Neben der amerikanischen, erfreuen sich seit einigen Jahren die deutschen Autographen steigender Beliebtheit, wobei die erzielten Preise noch als recht niedrig einzustufen sind. Mit Ausnahme der Kuxscheine des Ilmenauer Bergwerks mit Originalunterschrift des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe als Bergbauminister in Weimar, die fünfstellig gehandelt werden, sind die Autographen von Krupp, Thyssen, Hoesch, Haniel, Grillo noch im vierstelligen Preisbereich angesiedelt. Dabei sind diese bedeutende Zeugnisse deutscher Industriegeschichte meistens nur in wenigen Exemplaren verfügbar.
Automobile
Des Deutschen liebstes Kind ist das Auto. Die Wagen werden gehegt und gepflegt, Fachzeitschriften gelesen und staunend und bewundernd die neusten Entwicklungen verfolgt. Was liegt näher, wenn sich ein Auto- und Wertpapierfreund näher mit den geschichtsträchtigen Non Valeurs auseinander setzten möchte? Automobilsammlungen sind sehr beliebt. Das Preisniveau liegt etwa im Mittelbereich, wobei je nach Ausgabe für eine Daimler, BMW oder Auto Union zwischen 50,- (lochentwertet) und 300,- Euro (unentwertet) angelegt werden müßten. Tendenz: steigend. Viele gute und hochinteressante Stücke bietet der Markt an und es kommen noch immer gelegentlich neue, bisher nie aufgetauchte Titel auf den Markt. Diese Tatsache macht das Thema ausgesprochen reizvoll.
Wer mit seinem Sammlerbudget sparsamer umgehen möchte (oder muß), ist ß wen sollte es verwundern – mit amerikanischen Automobiltiteln gut beraten. Eine General Motors-Aktie aus den 1970er Jahren ist noch immer für ca. 15,- Euro zu haben, ansonsten pendeln die Preise auch hier je nach Alter und Bekanntheitsgrad meist so zwischen 50,- und 300,- Euro. Klangvolle Namen wie Packard, Studebaker, Kaiser-Frazer usw. bereichern jede Sammlung.
Gerade bei Automobilen ist es relativ einfach, seine Sammlung mit Fotos, Zeitungsausschnitten und Textpassagen mit Detailinformationen zum jeweiligen Unternehmen zu bereichern. Fachbücher dazu gibt es in jeder Buchhandlung in Hülle und Fülle zu meist günstigen Preisen. In diesem Bereich muß der Sammler nicht unbedingt auf teure Buchantiquitäten zurückgreifen.
Luftfahrt
Das Sammeln von Luftfahrtwerten ist gerade für den schmaleren Geldbeutel von Bedeutung, wenn man sich nicht unbedingt auf die wirklich historisch hochbedeutende Spezialwerte konzentriert. Das Angebot an den „normalen“ Durschschnittstiteln von Luftverkehrsgesellschaften oder Flugzeugwerken ist recht überschaubar. Die gängigen Stücke wie PanAm, Transworld Airlines, United Airlines usw. sind durchaus zwischen 20,- und 30,- Euro zu haben, sogar eine Junkers Teilschuldverschreibung koster nur um die 60,- EUR. Allerdings ist auch bei Luftfahrtwerten gerade in den letzten Jahren eine steigende Wertetendenz feststellbar, weil selbst das Material aus den USA zunehmend knapper wird. Wer ein Fan von Flugzeugen ist, sich für die Wirtschaftsgeschichte der Airlines interessiert oder für die Unternehmen des Flugzeug- und Triebwerkbaus, wird an seiner Sammlung viel Freude haben. Da das Material nicht so reichlich gesät ist wie beispielsweise im Bereich der Automobile, kann der Sammler über viele Jahre seinem „Jagdtrieb“ nach neuen, vielleicht völlig unbekannten Titeln freien Lauf lassen. Gerade in den USA gibt es viele Stücke, die den Weg noch nicht bis nach Deutschland gefunden haben: kleine Raritäten im besonderen aus den 30er und 40er Jahren, die wahre Glücksmomente hervorrufen können.
Wer ganz tief in die Luftfahrtmaterie (und dann in den Geldbeutel) eindringen möchte, kann allerdings im Laufe der Jahre einen Sammlerschatz anhäufen, der erstklassig und sensationell sein wird – wie es nur bei ganz wenigen Luftfahrt-Fans der Fall ist. Gerade ein „Luftfahrt“-Archiv kann in seiner oberflächlich zunächst nicht vermuteten Tiefe ausgesprochen exquisit sein.
Schifffahrt
Wie in nur wenigen anderen Sammelgebieten verbinden Historische Wertpapiere aus dem maritimen Bereich Handelsgeschichte und optische Ästhetik. Sehr viele Papiere, auch preisgünstige, vermitteln den Flair längst vergangener Segelromantik. Vignetten und aufwendig gestaltete Umrandungen (Guillochen) zeigen Segelschiffe, Häfen, Anker, Taue, Schutzpatronen und Allegorien. Beim Betrachten von den zumeist herrlichen Kunstwerken kann man förmlich das Salzwasser riechen, die Segel im Wind schlagen hören.
Sammler von Maritim-Werten verbinden sicherlich diese „Tagträume“ mit ihrer Sammlung. Gespräche mit den Liebhabern alter Segelschiff-Papiere zeigen, daß gerade diese Stücke seltener in Alben untergebracht werden, sondern vielmehr hübsch gerahmt als Raumdekoration (Arbeitszimmer, Partyraum, Wohnzimmer) verwendet werden.
In eine Schifffahrtssammlung können thematisch Handelsgesellschaften, Reedereien, Werften und Hafenbau- und Betreiberunternehmen eingegliedert werden, in gewissem Sinne natürlich auch Kanalbauunternehmen (z.B. Götha Kanal in Schweden oder Canal de Suez in Ägypten). Je nach Ambitionen muß der Sammler zu Beginn seiner Tätigkeit entscheiden, in welchem Bereich er tätig werden möchte. Ebenso sollte unterschieden werden nach Fluß- oder Seeschifffahrt. Danach geht es auf Entdeckungsreise: nicht per Schiff, sondern per Händlerlisten und Auktionskataloge.
Große Namen der Wirtschaft
Dieses Sammelgebiet bietet die Möglichkeit, für relativ wenig Geld eine hochinteressante Sammlung mit geschichtsträchtigem Umfeld zusammenzustellen. Preiswert unter der Voraussetzung natürlich, daß man nun nicht gerade die Gründeremissionen zusammen trägt oder sonstige Raritäten weltbekannter Firmen sucht: von fast jedem großen Unternehmen gibt es zu attraktiven Preisen Emissionen. Wem es bei einer solchen Sammlung lediglich auf den Namen des Unternehmens ankommt, kann er sich auch durchaus mit den normalerweise preiswerteren Teilschuldverschreibungen begnügen. Er muß nicht unbedingt eine Aktie kaufen. So richtig preiswert wird die Sammlung bei Stücken aus den USA. Weltbekannte Unternehmen haben ihren Einfluß bis Europa geltend gemacht, fast jeden Tag kann man in der Zeitung über diese Gesellschaften und Konzerne lesen: Shell, BP, General Motors, etc.
Man könnte eine sehr lange Liste von bedeutenden Unternehmen zusammenstellen. Kaum mehr als 10,- bis 50,- Euro muß für eine solche Aktie ausgegeben werden. Freilich sollten Sie eine solche Sammlung nicht mit dem Hintergedanken an große Wertsteigerungen binden, sofern Sie im Preiswertsegment kaufen. Denn was jetzt noch so günstig angeboten wird, kann kaum große Preissprünge in den nächsten Jahren erwarten. Nein, eine Sammlung „Große Namen“ unter der Prämisse „So preiswert wie möglich“ ist in der Tat hauptsächlich unter ideellen Gesichtspunkten zu gestalten. Und das ist das Phantastische: trotzdem wirkt die Sammlung „wertig“.
Jeder Außenstehende, der sich Ihre Sammlung anschaut, kann damit etwas anfangen. Denn er kennt die Unternehmen und wird nicht desinteressiert im Album herumblättern, weil ihm die Titel nichts sagen. Vielmehr wird er wohlwollend zur Kenntnis nehmen: „Sieh an, Aktien von Texas Instruments gibt es auch! Von denen habe ich einen Taschenrechner!“ Um es mit den Wortes des Volksmundes auszudrücken: Mit einer solchen Sammlung können Sie für einen Taler Staat machen. Sie dient der persönlichen Freude.
Die Konföderierten Staaten von Amerika
In den Jahren von 1861 bis 1865 tobte in den USA ein furchtbarer, als „Sezessionskrieg“ bekannter Bürgekrieg. Die Nord- und Südsaaten waren sich in Fragen des Freihandels, der Schutzzollpolitik und insbesondere der Sklaverei dermaßen uneinig, daß es zu bewaffneten Auseinandersetzungen kam. Auf die Wahl von Abraham Lincoln. Gegner der Sklaverei, zum Präsidenten der USA traten 1861 die elf Südsaaten Virginia, North und South Carolina, Tennessee, Louisiana, Georgia, Florida, Arkansas, Texas, Mississippi und Alabama aus der Union aus (Sezession) und gründeten die „Konföderierten Staaten von Amerika“. Jefferson Davis wude zum Präsidenten gewählt, Richmond zur Hauptstadt erklärt. Es kam zu Kriegshandlungen. Die Konföderierten erzielten zunächst beachtliche Erfolge, zu denen der berühmte General Lee durch sein strategisches Genie beitrug. Doch durch ein größeres Rüstungspotential und mehr Soldaten konnten die Nordstaaten unter General Grant im April 1865 die totale Kapitulation erzwingen. Bereits 1862 hatte Präsident Lincoln die Freiheit der Sklaven in den aufständischen Südstaaten proklamiert.
Um die gigantischen Kriegskosten finanzieren zu können, gaben die Konföderirten Staaten („Confederate States of America) Anleihen heraus. Es handelte sich in der Regel um großformatige, auf Pergamentpapier gedruckte Bonds, die mit einer kleinen Vignette versehen sind, zum Teil aber auch große, prächtige Abbildungen zeigen. Schon nach Kriegsende 1865 haben einige Spekulanten diese Papiere gehortet in der Hoffnung, daß die betreffenden Bundesstaaten bzw. die US-Bundesregierung diese Anleihen zurück zahlen würde. Das taten aber weder die einen noch die anderen!
Und somit ist ein reizvolles und überschaubares Sammelgebiet entstanden: die Bonds der Confederates. Die Übersichtlichkeit ist gewahrt, man kennt alle Ausgaben der Südstaaten. Der Amerikaner Colonel Grover C. Criswell hat alle Emissionen katalogisiert. Dieser beim Fachhändler erhältliche Katalog erleichtert den Einstieg in ein politisch und geschichtlich interessantes Gebiet. Die Chancen auf Wertsteigerungen stehen gut: die Zahl der vorhandenen Stücke ist konstant, die Nachfrage aber erhöht. So sind die im Criswell-Katalog genannten Schätzpreise (in US-$) mittlerweile deutlich unterbewertet.
Deutsche Eisenbahnen
Seit den Anfängen des Sammelns Historischer Wertpapiere bis etwa noch vor 10 bis 12 Jahren galt das Sammeln von Chinas und Russlands Eisenbahn-Anleihen als Geheimtipp und Spezialgebiet. Zu diesen Themen lieferten auch diverse Kataloge wertvolle Hinweise. Doch dieser Trend hat sich zugunsten deutscher Eisenbahnen etwas gewandelt. Großartige, zum Teil auch sehr schicksalsträchtige (Wirtschafts-)Geschichten ranken sich um die oftmals sehr kleinen Unternehmen bis zur Pleite oder Verstaatlichung. Die optische Gestaltung der Eisenbahnpapiere ist recht unterschiedlich. Von der schlichten Umrandung bis zur prunkvollen Guilloche oder einer alten Lokomotive im Unterdruck ist alles drin. Vignetten, wie wir sie von amerikanischen Eisenbahnen kennen, gibt es allerdings nur ansatzweise auf ganz wenigen Stücken.
Gerade beim Thema Deutsche Eisenbahnen ist die Informationsbeschaffung und damit eine gesteigerte Attraktivität einer Sammlung – ein Kinderspiel: Gerd Kleinewefers, der wohl die größte Sammlung dieser Art besitzt, hat alle Eisenbahnunternehmen Deutschlands in einem zweibändigen Werk mit über 1.100 Seiten katalogisiert. Der Eisenbahn-Fan kann alle Angaben über Gründungsjahr, Gründer, Streckenverlauf, Kapitalisierung usw. dem großartigen Buch entnehmen. Es ist im Fachhandel für Historische Wertpapiere erhältlich.
Schon vor etwa 100 Jahren hatten wir eine Entwicklung, die der jetzigen Situation ähnlich ist: Damals gab es eine Vielzahl großer und kleiner Bahngesellschaften, die zum größten Teil mit Privatkapital entstanden sind. Durch die durchgreifende Politik hauptsächlich in Preußen wurden die Gesellschaften verstaatlicht – bis auf wenige, für den Staat uninteressante Kleinbahnen. Heute gibt es wieder eine Privatisierung (wenngleich auch im großen Stil): die Deutsche Bahn firmierte als Aktiengesellschaft.
Glücklicherweise sind einige der alten bahnen noch existent, betrieben von Privatunternehmen und Fördervereinen. Hier kann der Besucher in der Tat noch Eisenbahnromantik pur erleben. Jeder ernsthafte Sammler wird wohl im Laufe seines Lebens irgendwann mit einer alten Dampflok dieser Unternehmen einen Ausflug unternehmen oder unternommen haben. Durch diese noch real möglichen Erlebnisse – und die sind es zweifelsohne! – gewinnt eine Eisenbahnsammlung eine ganz andere Dimension als etwas, was nicht mehr existent ist.
Wertzuwachs von bestimmten Eisenbahnpapieren ist gewiß. Schon in den letzten Jahren haben die Preise angezogen. Durch immer mehr Liebhaber wird das vermutlich wohl auch in den nächsten Jahren der Fall sein.
Auch um die kleinen Bähnchen ranken sich Geschichten. Damalige Aktionäre waren teilweise wohl weniger romantisch eingestimmt, wenn sie an die Gesellschaften dachten, denen sie ihr Geld anvertrauten. Die Ziederthal-Eisenbahn, zum Beispiel. Gegründet 1900, verlief ihre nur 21,6 km lange Schienenstraße von Landeshut nach Albendorf (etwa 80 km südwestlich von Breslau). Etwa 30 Beschäftigte arbeiteten für die Bahn, konnten aber mit ihren drei Lokomotiven, sechs Personenwagen und 22 Güterwaggons keine großartigen Erfolge erzielen – zum Leidwesen der armen Aktionäre. Denn die mußten fast 50 Jahre auf eine Dividendenzahlung warten! Dafür war aber die große Aktie über 1.000 Mark vom 1. März 1900 (das Gründerstück) sehr hübsch gestaltet. Ob das die Leute wohl trösten konnte? Eines ist sicher: der Sammler hat an dem Stück bestimmt seine Freude.
Die Kolonialsammlung
Dieses Sammelgebiet zeigt eine enge Verwandtschaft mit Politik und Wirtschaft. Eine Kolonialsammlung vermittelt Exotik pur. Unwillkürlich denkt man an fremde Länder, Eingeborene, Sonne, Palmen und Plantagen. Das zumindest vermitteln die meisten Wertpapiere ihren damaligen Aktionären: ein Bild des Friedens bei gleichzeitiger Geschäftigkeit. Unterwürfige farbige Arbeiter, die für wenig Lohn zu profitablen Unternehmungen verhalfen. Die Realität sah jedoch ganz anders aus! Aufstände und Kriege um die von den Eroberungsmächten besetzten Gebiete waren an der Tagesordnung. Mißernten brachten manche Kolonialgesellschaft in arge finanzielle Bedrängnis. Schaut man sich eine Kolonialkarte von 1914 an, stellt man fest, daß fast 40% der Welt von europäischen Kolonialmächten besetzt bzw. unter Schutz gestellt waren: namentlich von Belgien, Dänemark, dem deutschen Reich, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Portugal und Spanien. Beschäftigen wir uns hier einmal mit den Kolonialbestrebungen Deutschlands.
Vor über 100 Jahren begann die Kolonialisierung unter Bismarck und endete 34 Jahre später wieder. Die Aktivitäten fanden in Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika, Togo, Kamerun und in der Südsee statt. Nachfolgend nehmen wir als Beispiel Deutsch-Ostafrika unter die Lupe, um die Schwierigkeiten der Bessetzung aufzuzeigen: 1884 erfolgte die Gründung der „Gesellschaft für deutsche Kolonisation“, um in Afrika Land für die Gesellschaft zu erwerben. Ein Jahr später unterzeichnet Kaiser Wilhelm I. einen entsprechenden Schutzbrief. Ein Geschwader demonstrierte vorsichtshalber vor Sansibar die Stärke des Reiches. 1886 grenzten Deutschland, England und Portugal auf friedlichem Wege die Gebiete ab. Der mit der Kolonialisierung beauftragte Carl Peters ließ sich 1887 vom Sultan Said Bargasch das gesamte Küstengebiet vom Umba bis zum Rowuma übertragen und gab die erworbenen „Rechte“ an die DOAG (Deutsch Ostafrikanische Gesellschaft) weiter, die vom Sultan von Sansibar einen 10 Meilen breiten Küstenstreifen pachtete. 1888 begann der Araber-Aufstand. Deutschland und England blockierten gemeinsam die ostafrikanische Küste gegen Waffeneinfuhr und Sklavenausfuhr. 1889 wurden militärische Operationen mit Hilfe einer 1000 Mann starken Polizeitruppe unter Hermann Wissmann (Reichskommissar) gegen die Aufständischen durchgeführt. Ein Jahr später wurden die Anführer hingerichtet, womit der Aufstand beendet war. 1904 wurde die Sklaverei abgeschafft. Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges blieben auch die Kolonien nicht verschont. Anfänglich konnten die Deutschen ihr Gebiet noch verteidigen, doch dann nahm die gegnerische Stärke zu. 1916 nahmen die Engländer die größten Teile Deutsch-Ostafrikas ein, Belgien rückte ebenfalls vor. 1917 erfolgte eine Großoffensive der Engländer, die Schutztruppe war ständig auf der Flucht. Am 14. November 1918 schließlich stellte Lettow-Vorbeck auf Befehl aus Berlin den Kampf ein und übergab die Truppe bei Abercorn (Rhodesien) an den englischen General Edwards. Damit war das Kapitel „Kolonialmacht“ beendet. Die Entwicklung in den anderen Kolonien war ähnlich.
Kolonialsammler werden noch immer relativ problemlos fündig. Ob es nun die preiswerten ausländischen Titel (insbesondere aus Belgien und Frankreich) sind oder die mittelpreisigen deutschen Stücke. Der Händler führt i.d.R. eine reichhaltige Auswahl dieser Exoten, und auch auf dem Sammlertreffen wird manch gutes Stück angeboten. Der anspruchsvolle Sammler muß bei besseren Titel, also Gründeremissionen, schon mal in die Auktionsangebote schauen, um ein Topstück zu ergattern. Daß noch recht gutes Material vorhanden ist, liegt einfach daran, daß bisher noch kein übermäßiges Interesse seitens der Sammler an diesem doch eigentlich so faszinierenden Thema bekundet wurde. Doch so langsam scheint die leichte Talfahrt der Kolonialsammlung wieder bergauf zu führen.
Der interessierte Sammler findet eine Fülle an Informationen in dem Reprint des „von der Heydt’s Kolonialbuch 1914“, das im Fachhandel für Historische Wertpapiere erhältlich ist. Es liefert grandiose Hintergrundinformationen zu jeder Kolonialgesellschaft, die bis 1914 aktiv war – und das waren eine ganze Menge. Auch hier läßt sich feststellen, daß so umfassende Informationen das I-Tüpfelchen einer Kolonialsammlung sind. Auch für Außenstehende, die Lust und Muße haben, des Sammlers Werke zu betrachten, wird es garantiert spannend. Dafür sorgt schon die bewegte Geschichte.
Weitere Sammelgebiete
Langsam komme ich zum Schluß meiner in das Sammelgebiet der Historischen Wertpapiere einleitenden Ausführungen. Zu jedem Sammelgebiet gäbe es sehr viel zu berichten – der Rahmen dieses Kataloges würde zwangsläufig gesprengt werden. So lassen Sie mich der Vollständigkeit halber noch einige Sammelgebiete aufzählen, ohne näher darauf einzugehen. Sicherlich findet der geneigte Leser und noch unentschlossene Einsteiger ein Thema, das ihn ganz besonders reizt und zu neuen „Taten“ anregt.
In alphabetischer Reihenfolge:
Apparatebau
Autographen (Papiere mit Originalunterschriften berühmter Persönlichkeiten)
Banken (eines der beliebtesten und bedeutendsten Themen!)
Bauwerke
Bauwerte (Bauunternehmen, Sand, Steine, Erden, Ziegel, Ton)
Bergbau / Minen
Chemieindustrie
Computer (kleines, sehr überschaubares Gebiet)
Deko-Titel
DM-Aktien
Druckereien und Verlage
Elektrotechnik
Energie (Elektrizität, Wasserkraft)
Gesundheitswesen (Krankenhäuser, Pharmaindustrie)
Getränkeindustrie, Brauereien, Kellereien
Glas, Keramik, Porzellan
Gründeraktien
Handelsgesellschaften
Holzwirtschaft
Hotels
Judaica
Kaufhäuser
Kirchen und Logen
Kunststile (Jugendstil, Historismus, Barock, Art Deco)
Mälzereien
Maschinenbau
Mühlen
Musikinstrumente
Nahrungsmittelindustrie
Öl, Raffinerien
Papierindustrie
Rundfunk, Fernsehen, Tonstudios
Sportvereine
Staatsanleihen
Stahlindustrie
Terraingesellschaften
Textilindustrie
Theater, Kino, Unterhaltung, Opernhäuser, Gesellschaftshäuser
Versicherungen
Waffen- und Munitionsherstellung
Zoo, Tierparks
Zuckerindustrie
Außergewöhnliche Länder, z.B. China (beliebt und hochinteressant)
Bundesländer
Regionen
Orte
Stadtteile
Habe ich etwas vergessen? Und wenn: auch das können Sie sammeln!
Lassen Sie sich einfach inspirieren. Im Kreise der Sammler sind Sie herzlich willkommen. Vielleicht gehören auch Sie bald zu einer Gemeinschaft, die ein nicht ganz alltägliches, anspruchsvolles und aufregendes Hobby eint.
Vladimir Gutowski ©