74. Auktion am 6. Dezember 2021

Am 6. Dezember 2021 hielt ich meine sehr erfolgreiche 74. Auktion Historischer Wertpapiere ab.

Hier können Sie die Auktionsergebnisse betrachten:  ⇒Results

Einige der Top-Stücke der Auktion:

Compagnie Royale d’Affrique
Aktie über 1000 Livres
Marseille, 30.12.1790
Los  Nr. 376 – Zuschlag: 30.000,- Euro
Die 1741 gegründete Compagnie Royale d’Afrique war für über 50 Jahre die einzige französische Kolonialgesellschaft, die sehr erfolgreich war. Laut Wikipedia war sie die einzige Gesellschaft des Ancien Régime, die aufgrund ihrer sehr lukrativen Aktivitäten und ihres Monopols mit osmanischem Algerien für Weizen, regelmäßig Dividenden an ihre Aktionäre ausschüttete.
Die Dauer der neuen Gesellschaft war unbefristet, was ein Novum war. Ihr Kapital, 1.200.000 Livres, war aufgeteilt in 1.200 Aktien.
Von 1741 bis 1793 genoss die Royal Company of Africa mit Sitz in Marseille ein Handelsprivileg mit einem Teil der nordafrikanischen Küste. Von ihrer Hauptniederlassung in La Calle (El Kala) aus verwaltete sie die Aktivitäten der sekundären Handelsposten: Bône – Annaba – oder Collo in der Regentschaft von Algier, und weitere vorübergehende Niederlassungen in der Regentschaft von Tunis, bevor sie sich 1783 in Tabarque (Tabarka) niederließ.
Die Gesellschaft wurde wie alle anderen ähnlichen Handelsunternehmungen während der Revolution endgültig aufgelöst, nachdem sie in Agence d’Afrique umbenannt worden war.

Kupferstich auf Büttenpapier. Mehrere Originalsignaturen, u.a. von Dominique Bertrand, Direktor der Kompanie 1777-1794, davor Leiter der Indien-Sektion im Marineministerium, ab 1803 Sekretär des Conseil Général du Commerce, ab 1815 ehrenamtlicher Staatsrat, zwischendurch Kommissar für auswärtige Beziehungen des Kaiserreichs. Als Schatzmeister der Gesellschaft unterschrieb die Aktie ein Rémuzat, der in die Geschäfte der Firma „Miraillet, Rémuzat & Cie.“ involviert war. Der Firmeninhaber Jacques-Vincent Rémuzat, vermutlich ein Verwandter des Schatzmeisters, erwarb ein Vermögen dank seiner Korallen-Geschäfte mit der Compagnie Royale d’Afrique.

Ausführliche Geschichte der Royal Company of Africa ⇒ ansehen

 

Eisenbahn-Wagenbau-Anstalt
Actie über 200 Thaler
Hamburg, 1.8.1871

Los Nr. 157 – Zuschlag: 880,-Euro
Gründeraktie, Auflage 4.250. Hervorgegangen aus der in den 1840er Jahren entstandenen Lauensteinschen Wagenfabrik an der Ecke Repsoldstraße/Amsinckstraße (eine der ersten Industrieansiedlungen auf dem Hammerbrook nach dessen Trockenlegung) mit einem Zweigwerk in Rothenburgsort. Waggons wurden u.a. für die Hamburg-Bergedorfer Eisenbahn, die Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft in Hamburg, die Berliner Pferdeeisenbahn und die Berlin-Charlottenburger Straßenbahn geliefert. Mit 1.400 Arbeitern damals eine der größten Fabriken ihrer Art in ganz Deutschland, Exporte gingen bis nach Rußland. Die Lauensteinsche Wagenfabrik spielte für die Hamburger Arbeiterbewegung eine große Rolle: 1869 gab es hier einen großen Arbeitskampf, an den heute ein 2014 fertiggestelltes 100 qm großes Wandbild im Hamburger Gewerkschaftshaus erinnert (die Fabrik lag auf einem an das heutige Gewerkschaftshaus direkt angrenzenden Grundstück). Schon 1864 pries Ferdinand Lassalle in seiner letzten großen Rede Solidarität und Kampfesmut der Arbeiter der Lauensteinschen Wagenfabrik. Als 1869 die Geschäfte einbrachen, senkte die Direktion die Akkordsätze um 25 %. Darauf brach erneut ein neun Wochen dauernder Streik aus, Streikbrecher wurden eingestellt, am Ende wurden die Streikbrecher von wütenden Arbeitern verprügelt und das Hauptwerk, das Zweigwerk Rothenburgsort sowie das dortige Wohnhaus des Direktors Kirchweger völlig demoliert. 68 Arbeiter wurden dann von der eilig herbeigerufenen Polizei inhaftiert. Die dabei angerichteten Schäden führten anschließend zum Konkurs der Firma. Später wurde das Werk Rothenburgsort im Boom der Gründerjahre im Sommer 1871 von Berliner und Hamburger Investoren übernommen, die es dann in diese neu gegründete AG einbrachten. Die an der Berliner Börse eingeführten Aktien waren mehrfach überzeichnet, der Kurs stieg schnell auf 120 %. Gebaut wurden danach u.a. auch die ersten Wagen für die 1876 gegründete Hamburg-Altonaer Pferdebahn-Gesellschaft (1896 in Hamburg-Altonaer Centralbahn umbenannt, bei Konzessionsende 1922 von der Hamburger Hochbahn AG übernommen worden). Gegen Ende der 1870er Jahre ging die Fabrik dann endgültig ein.


Königsberger Pferdeeisenbahn-Gesellschaft
Aktie über 500 Mark

Königsberg, 10.5.1881
Los Nr. 256 – Zuschlag 1.100,- Euro
Gründeraktie (R 11). Gründung 1881 zum Bau und Betrieb von Straßenbahnen und Omnibuslinien in Königsberg und Umgebung (zuletzt 17 km Betriebslänge), 1900 größtenteils elektrifiziert. 1901 Umfirmierung in Königsberger Strassenbahn AG. Da die Konzession nur auf 20 Jahre erteilt war, übernahm noch im gleichen Jahr die Stadt Königsberg die innerstädtischen Linien. Das restliche Unternehmen wurde 1909 gegen 1 Mio. Mark in Stadtanleihen an die Stadt verkauft, danach wurde die Gesellschaft liquidiert. Alles in allem sehr schlechte Geschäfte für die Aktionäre der in Berlin börsennotierten Gesellschaft: Auf die bevorrechtigten Aktien gab es magere 7 %, auf die anderen gar nichts. Daher kam es dann noch zu einer Reihe von Prozessen gegen den Liquidator und die Aufsichtsratsmitglieder, die natürlich bis zum Schluß voll kassiert hatten. Rarität: seit Jahrzehnten nur 2 Stücke bekannt!


Vater Abraham Fundgrube
Marienberg, 20.10.1888
Kuxschein über 3 Kuxe

Los Nr. 355 – Zuschlag: 2.500,- Euro
(R 12) Dekoratives und extrem seltenes Wertpapier des letzten Silberbergwerks von Marienberg.
Die Vater Abraham Fundgrube gehört wohl zu den bekanntesten Marienberger Gruben überhaupt. Das Bergwerk wurde von 1550 bis 1900 betrieben. Erstmals fündig wurde man hier 1554. Mit dem Niedergang des Bergbaus im Marienberger Revier in der 2. Hälfte des 19. Jh. wurden die Gruben Vater Abraham und Alte Drei Brüder vereinigt. Die 1861 gegründete Marienberger Silberbergbau AG legte die Grube mit anderen zusammen, bis die AG 1888 liquidiert wurde. Danach wurde der Betrieb durch eine Bergbaugewerkschaft noch bis 1900 weitergeführt. Damit war die Vater Abraham Fundgrube die letzte silbererzfördernde Grube im Marienberger Revier. Die Halde der Vater Abraham Fundgrube ist heute noch fast so erhalten, wie sie 1900 aufgegeben wurde. Im Zuge der nationalsozialistischen Autarkiepolitik erfolgte 1937 die Wiederaufnahme des Bergbaus der Grube Himmelfahrt durch die Sachsenerz Bergwerks GmbH. Auf dem Davidschacht wurde in dieser Zeit eine Teufe von 736 m erreicht (1942).
Nach dem 2. WK führte die SAG Wismut im Bereich der Grube Erkundungen auf Uran durch. Der Uranabbau erfolgte später durch das Bergbau- und Hüttenkombinat „Albert Funk“. Die „Reiche Zeche“ erhielt 1953 ein neues eisernes Fördergerüst, das heute als Wahrzeichen des Freiberger Bergbaus gilt. Der Lehrbetrieb wurde im Juli 1945 aufgenommen. Der Betrieb des Bergwerkes war zwar in der DDR unrentabler, da aber die DDR Buntmetalle auf dem Weltmarkt nur mit Devisen beschaffen konnte, wurde die Förderung bis 1969 fortgesetzt. Ab 1981 fanden umfangreiche Erneuerungsarbeiten statt. Im Bereich des Schachtes Reiche Zeche wurde moderne Ausrüstung für den Lehr- und Forschungsbetrieb installiert. Außerdem wurden historische Grubenbaue gesichert. In den 1980er Jahren erfolgten dafür umfangreiche Modernisierungsarbeiten. Dabei wurden auch Zugänge zu historischen Grubenbauen ermöglicht. Das Lehrbergwerk ist in seiner Art einzigartig in Deutschland, es ist das einzige Bergwerk, welches zum Zwecke von Lehre, Forschung und Bildung von einer Universität betrieben wird. Heute wird die Himmelfahrt Fundgrube von der TU Bergakademie Freiberg betrieben. Die Grube dient als Lehr- und Forschungseinrichtung. Ein Unikat aus einer uralten DDR-Sammlung eines Bergbauingenieurs!


 

North Missouri Railroad Company
6 % Gold or Silver State Bond 1.000 $
Jefferson, Mo., 3.6.1858

Los Nr. 548 – Zuschlag 2.000,-Euro
Ein wunderschönes Papier mit herrlichen Illustrationen! Einzelstück aus einer uralten US-Sammlung, insgesamt wurde nur eine Handvoll vor über 30 Jahren auf einem Trödelmarkt in den Südstaaten gefunden. Ränder knapp beschnitten, wie bei allen mir bekannten Stücken.
Gegründet 1851 für den Bau einer 200 Meilen langen Bahn von der Stadt St. Charles in Missouri nach Iowa. 1855 erhielt die Ges. von der Regierung des Staates Missouri einen Zuschuß von 1 Mio. $, der ihr in Form von weiterverkaufbaren Staatsanleihen gegeben wurde. Mit diesem Geld wurde die 169 Meilen lange Strecke St. Louis-Macon, Mo. gebaut. Noch im gleichen Jahr 1855 wurde diese in Kolonialspur (1676 mm) gebaute Strecke eröffnet. Der Weiterbau nach Norden wurde durch den Sezessionskrieg unterbrochen, im Krieg wurden später Bahnstrecke, Brücken und Bahnhöfe von Südstaatentruppen zerstört. Im Aug. 1867 wurde die gesamte Strecke auf Normalspur (1435 mm) umgebaut, was den Anschluß an andere Bahnen ermöglichte. Nach Eröffnung der weiteren Hauptstrecke von St. Louis nach Kansas City drückte man Anfang 1872 die weiter gestiegene Bedeutung durch die Umbenennung in St. Louis, Kansas City & Northern RR aus. 1877 übernahm der Reedereikönig und Bankier Cornelius K. „Commodore“ Garrison die Aktienmehrheit an der St. Louis, Kansas City & Northern RR, 1878 kaufte er auch große Aktienpakete der Wabash Ry. und wurde ihr Präsident. 1879 begann der berüchtigte Eisenbahnspekulant Jay Gould die Aktien der Wabash aufzukaufen. Gould übernahm auch die Aktienpakete von „Commodore“ Garrison und löste ihn als President der Wabash ab. Im Nov. 1879 verschmolz Gould die Wabash Ry. und die St. Louis, Kansas City & Northern RR zur Wabash, St. Louis & Pacific RR. Zum Präsidenten der neuen Gesellschaft ernannte Gould den Schöpfer der ersten Kabelverbindung durch den Atlantik, Cyrus W. Field. In den Folgejahren kaufte Gould unzählige Bahnen dazu und vergrößerte das Streckennetz der Wabash von 1800 Meilen auf über 3500 Meilen. Sie war dann das wichtigste Bindeglied zwischen den Bahngesellschaften des Ostens und des Westens und verband St. Louis mit Kansas City im Westen und Chicago, Detroit, Toledo und Buffalo im Norden und Osten. 1964 an die Norfolk & Western RR verpachtet, 1991 mit deren Nachfolger Norfolk Southern komplett fusioniert.