Compagnie Royale d’Afrique

Das Topstück meiner 74. Auktion am 6. Dezember 2021 Compagnie Royale d'Affrique Aktie über 1000 Livres Marseille, 30.12.1790 Unikat. Museale Rarität, Schätzpreis: 75.000,- Euro.

Das Topstück meiner 74. Auktion am 6. Dezember 2021

Compagnie Royale d’Affrique
Aktie über 1000 Livres
Marseille, 30.12.1790
Unikat. Museale Rarität, Zuschlag: 30.000,- Euro.

Kupferstich auf Büttenpapier. Mehrere Originalsignaturen, u.a. von Dominique Bertrand, Direktor der Kompanie 1777-1794, davor Leiter der Indien-Sektion im Marineministerium, ab 1803 Sekretär des Conseil Général du Commerce, ab 1815 ehrenamtlicher Staatsrat, zwischendurch Kommissar für auswärtige Beziehungen des Kaiserreichs. Als Schatzmeister der Gesellschaft unterschrieb die Aktie ein Rémuzat, der in die Geschäfte der Firma „Miraillet, Rémuzat & Cie.“ involviert war. Der Firmeninhaber Jacques-Vincent Rémuzat, vermutlich ein Verwandter des Schatzmeisters, erwarb ein Vermögen dank seiner Korallen-Geschäfte mit der Compagnie Royale d’Afrique.

Als Barbarenküste wurden vom 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert die Staaten in Nordafrika bezeichnet, darunter das Sultanat Marokko und die osmanischen Regentschaften Algier, Tunis und Tripolis. Haupteinnahmequelle dieser Staaten war die Kaperei und damit einhergehend Menschenraub, Sklavenhandel und Lösegelderpressung, weshalb sie auch als Piraten- oder Seeräuberstaaten bezeichnet wurden.

In diesem schwierigen Umfeld erwarben nacheinander 20 französische Unternehmen ab 1560 Konzessionen für Handel zwischen Marokko und Ägypten. Alle diese Unternehmungen in Nordafrika scheiterten jedoch und wurden nach großen Verlusten liquidiert.

Erst die 1741 gegründete „Compagnie Royale d’Afrique“, konnte sich nicht nur mehr als fünfzig Jahre behaupten, sondern erwirtschaftete als die einzige französische Kolonialgesellschaft Gewinne und zahlte den Aktionären satte Dividenden.

Es existieren kaum Dokumente, die die Gründung dieser berühmten Gesellschaft beleuchten würden. Man weiß nur, dass 1730 das Vorgängerunternehmen  „Compagnie d’Auriol“ für die Ausbeutung der côtes de Barbarie für die Dauer von 10 Jahren gegründet wurde. Als dieser Kompanie kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden war, gründeten die Handelsherren nach einigen Anlaufschwierigkeiten 1741 die „Compagnie Royale d’Afrique“.

Auch wenn der Misserfolg der „Auriol-Kompanie“ nicht so groß war wie der der vorherigen afrikanischen Kompanien war es schwierig mutige Kapitalanleger zu finden, die nach 180 Jahren wirtschaftlich erfolgloser Aktivitäten an der nordafrikanischen Küste, bereit wären, sich an einem neuen Unternehmen zu beteiligen.

Erst die Bemühungen des Ministers Jean-Frédéric Phélypeaux, comte de Maurepas, der später Hauptberater des Königs Ludwig XVI. wurde, fruchteten, da er in Paris doch Aktionäre finden konnte. Da die Marseiller Handelsherren vor einem Engagement in diese neue Kompanie zurückschreckten, fand Maurepas eine geniale Lösung: Er wandte sich an die Handelskammer von Marseille, und forderte sie auf, eine wichtige Rolle bei der Bildung des Kapitals der Gesellschaft und bei ihrer Verwaltung zu übernehmen. Dies war die größte Ehrung, die er dieser Institution zuteilen konnte, die am 12. Januar 1741 die Vorschläge des Ministers akzeptierte.

Am 22. Februar 1741 wurde in Versailles das Gründungsedikt vom König erlassen. Die Dauer der neuen Gesellschaft war unbefristet, was ein Novum war. Ihr Kapital, 1.200.000 Livres, war aufgeteilt in 1.200 Aktien. Die Handelskammer von Marseille hatte selbst 300 Aktien gezeichnet.

Laut Statuten der Gesellschaft war eine Dividende in Höhe von 6 % jährlich garantiert. Um den Start des Unternehmens zu erleichtern, bewilligte der König eine „Geldspritze“ für fünf Jahre, 40.000 Livres pro Jahr. An sich sollte die neue Gesellschaft Abstandszahlungen für die Übernahme der Konzessionen in Afrika plus Ausrüstung, Mobiliar etc. an die „Auriol-Kompanie“ leisten. Dank königlicher Intervention wurde die Zahlung für zehn Jahre gestundet und dann auf weitere zehn Jahre verteilt. Um das ausschließliche Monopol, das dem Unternehmen gewährt wurde, weiter zu unterstreichen, erließ der König am 25. August 1741 ein Edikt, welches es „allen französischen und ausländischen Kaufleuten, Kapitänen und ausländischen Kaufleuten und Kommandanten von Schiffen“ untersagte, in den Handelsgebieten der „Compagnie Royale d’Afrique“, alle Früchte, Waren oder Güter unter Androhung einer Geldstrafe von 500 Livres zu handeln oder zu transportieren.

Die kapitalstarke „Compagnie Royale d’Afrique“ kaufte die Bastion de France in der Nähe von Bône an der algerisch-tunesischen Grenze. Von ihrer Hauptniederlassung in La Calle (El Kala) aus verwaltete sie die Aktivitäten der sekundären Handelsposten: Bône – Annaba – oder Collo in der Regentschaft von Algier, und weitere vorübergehende Niederlassungen in der Regentschaft von Tunis, bevor sie sich 1783 in Tabarque (Tabarka) niederließ. Um die Geschäfte der Kompanie abzuwickelnalit wurden an der Südküste des Mittelmeers in La Calle, aber auch in Bône und Collo, zwischen 300 und 500 französische Angestellten beschäftigt.

Die erste Aufgabe der Gesellschaft bestand darin, Marseille mit Getreide zu versorgen, wobei sie jede Spekulation auf dessen Preis verbot – und den Fehlbetrag durch den Verkauf anderer Produkte wie Wachs, Leder, Wolle und Korallen kompensierte. 1768 übertrug der Bey von Tunis der Kompanie die exklusive Nutzung der Korallenfischerei um die Galite-Inseln vor der tunesischen Festlandküste, ein Monopol, das Frankreich bis zur Revolution innehatte.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts blühte dank der Aktivitäten der Kompanie der französische Handel in dem osmanischen Algerien sehr stark auf. Durch den Russisch-Türkischen Krieg (1768-1774) gab es eine Unterbrechung der Versorgung von Frankreich mit orientalischem Weizen, was die Nachfrage nach nordafrikanischem, genauer gesagt algerischem Weizen, enorm steigerte. Im 18 Jh. war Frankreich Hauptimporteur von algerischem Weizen und zwar über den Hafen von Marseille. Es bestand eine Art gegenseitige Abhängigkeit zwischen Algerien und Frankreich. Frankreich war der wichtigste Kunde Algeriens, und Algerien war der Hauptlieferant von nordafrikanischem Weizen für Frankreich. Von den 1740er bis in die 1790er Jahre stammten 9/10 des nach Marseille eingeführten nordafrikanischen Weizens aus Algerien. Die algerischen Weizenexporte nach Marseille erreichten ihren Höhepunkt im letzten Drittel des 18. Jhs. während der Herrschaft der berühmtesten Deys Algeriens: Muhammad Ibn Uthman (1766-1791), Salah Bey (1771-1792) in Constantine und Muhammad el-Kebir (1779-1797) in Mascara. 1780 bestand die Flotte der Kompanie aus 45 Fregatten.

Der Kompanie kam die starke politische Stabilität Algeriens im letzten Drittel des 18. Jhs. zugute, gekennzeichnet durch einen wirtschaftlichen Aufschwung. Der enorme Anstieg des Exportweizenpreises, der zum einen auf den Ausbruch der französischen Revolutionskriege und zum anderen auf die Normalisierung der algerisch-spanischen Beziehungen ab 1786 zurückzuführen ist (Spanien bezahlte den algerischen Weizen mit seinem Piaster, der damals begehrtesten Währung der Welt), war eine der Hauptursachen für die beginnenden Probleme der Kompanie.

Die wichtigste Ursache für den Zusammenbruch des Handels war jedoch der erbitterte Konflikt zwischen dem revolutionären Frankreich und England ab 1792. Dieser Konflikt hatte schwerwiegende Folgen für den algerischen Handel, auch wenn er in erster Linie dazu beitrug, dass die Gewinne aus dem Weizenexport durch die Vermittlung algerisch-jüdischer Händler einen Höchststand erreichten. Mit dem Ausbruch der Kriege der Französischen Revolution änderten sich die Bedingungen für den Handel im Mittelmeerraum grundlegend. Im Gegensatz zu früheren europäischen Kriegen hatte der Krieg von 1792 äußerst schwerwiegende Folgen für den französischen Seeverkehr. Die englische Marineüberlegenheit und die Einnahme von Toulon führten im Sommer 1793 zum Verschwinden der französischen Kriegsflotte im Mittelmeer. Der französische Handel war dadurch stark betroffen. Die algerischen Juden konnten dann die durch den Rückzug des französischen Handels entstandene Lücke füllen und sich als fast ausschließliche Lieferanten von algerischem Weizen für Europa unentbehrlich machen.

Die „Compagnie Royale d’Afrique“ betrieb die Ausbeutung der afrikanischen Konzessionen fast 60 Jahre lang, von 1741 bis 1793. Laut Wikipedia war sie die einzige Gesellschaft des Ancien Régime, die aufgrund ihrer sehr lukrativen Aktivitäten und ihres Monopols für Weizen und für Korallen, Dividenden an ihre Aktionäre ausschüttete.

Die Handelsumsätze der Kompanie waren sehr hoch: Allein der Getreidehandel erreichte beispielsweise 1771 1.935.000 Livres und 1772 2.642.000 Livres. Da die Korallenfischerei damals sehr wichtig war und die Einkäufe von Leder und Wolle beträchtlich waren, bezifferten sich die jährlichen Umsätze der Gesellschaft auf 3 bis 4 Millionen Livres. Für die Aktionäre war dann endlich der Zeitpunkt für die Gewinnausschüttungen zuzüglich zu der garantierten Dividende gekommen. Die Grundlage dafür bot der 6. Unterpunkt der statuarisch in der Gründungsurkunde zugesicherten Sonderzahlungen an die Aktionäre, wenn das Kapital der Kompanie die Summe von 2 Millionen Livres überstieg. Es gab nacheinander, von 1773 bis 1776, vier jährliche Ausschüttungen von je 300.000 Livres, d.h. 250 Livres pro Aktie. 1785 gab es eine sechste Gewinnausschüttung in Höhe von 400.000 Livres. Am 31. Oktober 1789 verfügte die „Compagnie Royale d’Afrique“ trotz der im amerikanischen Krieg erlittenen Verluste und trotz der sechs Gewinnausschüttungen von insgesamt 1.900.000 Livres über ein liquides Kapital von 2.885.000 Livres.

Die Liquidation der Gesellschaft hatte der Hauptdirektor Bertrand 1792 selbst vorgeschlagen. Im Laufe des Jahres 1793 hielten die Pariser Aktionäre, die stets die zahlreichsten waren, verschiedene Versammlungen beim Notar der Gesellschaft ab. Schließlich fassten die Direktoren am 17. Januar 1794 einen endgültigen Beschluss. Nachdem sie die Darstellung der Situation durch den Präsidenten Richaud gehört hatten, beschlossen sie einstimmig, das Privileg des Unternehmens an die Nation zurückzugeben. Sie übermittelten dem Außenminister und dem Hauptdirektor, der sich in Paris aufhielt, eine Kopie dieser Überlegungen, „um alle notwendigen Schritte für die rasche Annahme dieser Retrozession zu unternehmen“.

Das Unternehmen wurde durch ein Dekret des Ausschusses für öffentliche Sicherheit am 8. Februar 1794 liquidiert. Die Liquidation des Sozialfonds der „Compagnie Royale d’Afrique“ erbrachte 2.048.248 Livres, einen Betrag, der höher war als das ursprüngliche Kapital. Die Konzessionen der Kompanie gingen auf die eigens dafür gegründete „Agence d’Afrique“ über.

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